Augsburger Allgemeine (Land West)
Blieb seine Hose absichtlich offen?
Prozess Ein 48-jähriger Ingenieur muss sich wegen „exhibitionistischer Handlungen“im Zug nach Augsburg gegenüber einer Studentin vor Gericht verantworten. Warum eine Klärung schwierig wird
Augsburg Hat ein 48-jähriger Ingenieur im Zug nach Augsburg absichtlich eine Studentin sexuell belästigt, indem er ihr gegenübersitzend mit offener Hose an seiner Männlichkeit manipulierte? Dies sollte jetzt das Augsburger Amtsgericht entscheiden. Weil sich die Anzeigenerstatterin aber kürzlich für längere Zeit ins Ausland verabschiedet hatte, wurde die Hauptverhandlung ausgesetzt.
Ja, er sei an jenem 2. August 2017 aus Lindau kommend in Buchloe in den Zug nach Augsburg umgestiegen, so der Beschuldigte vor Gericht. Er sei beruflich als Ingenieur einer großen Firma aus Lindau zu einem Monatstreffen nach Augs- burg unterwegs gewesen. Nachdem er sich in einer Vierergruppe einen Sitzplatz gegenüber der jüngeren Frau gesucht hatte, sei er auf die Zugtoilette gegangen. Von dort zurück habe er sich auf seinen Platz gesetzt und begonnen, Zeitung zu lesen. Es war wohl so, dass er, wie in der Anklageschrift vorgehalten, vergessen habe, den Hosenschlitz zu schließen. Ja, er habe mehrfach die zum Lesen hochgehaltene Zeitung auf seinen Schoß gelegt, um umzublättern. Zu keiner Zeit habe er aber in seine offen stehende Hose gegriffen und an sich manipuliert. Weil er ein geschäftliches Telefonat habe führen wollen, sei er nach einiger Zeit aufgestanden und in einen ruhigeren, hinteren Waggon des Zuges gegangen. Dabei sei er von einer anderen Mitfahrerin auf seine offenstehende Hose hingewiesen worden, die er daraufhin geschlossen habe. Beim Aussteigen am Augsburger Hauptbahnhof sei er dann bereits von der Polizei erwartet worden. Deswegen, weil die Anzeigenerstatterin bereits im Zug einen Polizisten getroffen hatte, dem sie ihre Beobachtung geschildert hatte.
Was die Studentin aus dem Allgäu genau gesehen haben will, ließ sich in der gestrigen Hauptverhandlung nicht ermitteln. In einem Schreiben ans Gericht hatte sich die Frau dahingehend abgemeldet, dass sie seit Anfang Oktober für ein halbes Jahr in Indien weile. Einziger Zeuge vor Gericht war der ermittelnde Polizeibeamte, der den Fall aber von einer Kollegin übertragen bekommen hatte. Trotz mehrerer Versuche sei es ihm nicht gelungen, die Anzeigenerstatterin zu einer persönlichen Aussage auf ein Polizeirevier zu bewegen. Schließlich habe sich die Frau schriftlich in einem Anhödabei rungsbogen zu dem Vorfall geäußert. Ziemlich wenig, befand Verteidiger Uwe Rung für seinen Mandanten.
Freilich liege es im Sinne des Ingenieurs, die Sache vom Tisch zu bekommen, aber dies via Freispruch. Er bestreite alle Vorwürfe exhibitionistischer Handlungen. Auf eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit wollte sich Staatsanwältin Andreas Kovacs nicht einlassen, eine Einstellung gegen eine Geldauflage fand beim Angeklagten keinen Anklang. Also sah Richterin Ulrike Ebel-Scheufele allein die Möglichkeit, das Verfahren auszusetzen und dann, wenn die Anzeigenerstatterin wieder vom Gericht geladen werden kann, erneut zu terminieren.
Beim Aussteigen wurde er schon von der Polizei erwartet
Die betroffene Frau kann erst in Monaten wieder geladen werden