Augsburger Allgemeine (Land West)
Geldregen ohne Segen
Spritzige Komödie in Neusäß
Es ist eine allgemein bekannte Weisheit, dass Geld nicht glücklich macht. Bei Sébastien Thiéry ist es gleich ein rätselhafter Geldregen, der ein gut situiertes Pariser Ehepaar fast in den Wahnsinn treibt. Mit seiner spritzigen Komödie „Als ob es regnen würde“gastierte das Schauspielerpaar Herbert Herrmann (auch Regie) und Nora von Collande (auch für die Kostüme verantwortlich) in Neusäß.
Das raffinierte Bühnenbild (Anja Wegener) zeigte gleich zu Beginn des zweistündigen Boulevardstücks, dass es in der mondänen Welt des Ehepaars Laurence und Bruno an nichts fehlt. Die großen Fenster, ach was: Glaswände der Wohnung im 15. Arrondissement in Paris ließen großzügig einen Blick auf ihren Alltag zu. Die Schuldirektorin und der Anästhesist und engagierte Gewerkschafter führen eine bürgerliche Ehe im linksliberalen Milieu mit klaren Standpunkten. An diesem abgeklärten Pariser Paar führt Autor Thiéry nun vor, wie schnell Gewissheiten verloren gehen sobald Geld im Spiel ist. Anfangs nur ein kleiner Riss in der Fassade, wird das plötzliche Auftauchen von Geldscheinen zum erschütternden Erdbeben dieser „heilen Welt“.
Von Anfang an legten die beiden Hauptdarsteller ein gewaltiges Tempo in den gewitzten Dialogen vor. Perfekt aufeinander eingespielt und mit großer Spielfreude trieben sie das an Wortwitz reiche Lustspiel voran. Bis sich ein heftiger Streit um Moral entwickelt, als aus dem Schrank und von der Decke Geldscheine quellen „als ob es regnen würde“. Geld, das nirgendwoher zu kommen scheint, bringt nicht gerade die guten Seiten des Menschen zum Vorschein. „Vielleicht geht’s genau darum, uns verrückt zu machen“, vermutete Laurence. Zumindest wurde ihr Leben gewaltig erschüttert.
Denn bisher ungeahnte Träume von Luxus und Jachten lassen sich da plötzlich träumen, eine irrwitzige Shopping-Tour führte Bruno durch die teuersten Pariser Läden und die Grundsätze von Gerechtigkeit und Gleichheit wurden auf den Prüfstand gestellt. Vor allem, als sich der neue Nachbar (Uwe Neumann) vorstellte, dem unerklärlicherweise sein ganzes Geld verloren ging.
Zur Freude der Zuschauer konnten die Darsteller das Tempo des Anfangs halten. Wobei Herrmann mehr in Richtung Klamotte mit Stottern und unsinnigem Wiederholen tendierte. Seine Partnerin dagegen setzte in Stimme und Mimik feinere Mittel ein, um den Irrsinn zu spielen, der das Paar beherrscht. Vorurteile gegenüber dem Nachbarn und der spanischen Putzhilfe Teresa (Marie Wolff) brachen in grotesken Szenen auf und wurden mit Vernunft wieder bekämpft – zumindest im ersten, dem deutlich stärkeren Teil dieser Komödie. Am Ende siegte das Chaos mit absurden Situationen über alle vernünftigen Erklärungen. Für das begeisterte Publikum ein sehr amüsanter Abend.