Augsburger Allgemeine (Land West)

Geldregen ohne Segen

Spritzige Komödie in Neusäß

- VON DANIELA TIGGEMANN

Es ist eine allgemein bekannte Weisheit, dass Geld nicht glücklich macht. Bei Sébastien Thiéry ist es gleich ein rätselhaft­er Geldregen, der ein gut situiertes Pariser Ehepaar fast in den Wahnsinn treibt. Mit seiner spritzigen Komödie „Als ob es regnen würde“gastierte das Schauspiel­erpaar Herbert Herrmann (auch Regie) und Nora von Collande (auch für die Kostüme verantwort­lich) in Neusäß.

Das raffiniert­e Bühnenbild (Anja Wegener) zeigte gleich zu Beginn des zweistündi­gen Boulevards­tücks, dass es in der mondänen Welt des Ehepaars Laurence und Bruno an nichts fehlt. Die großen Fenster, ach was: Glaswände der Wohnung im 15. Arrondisse­ment in Paris ließen großzügig einen Blick auf ihren Alltag zu. Die Schuldirek­torin und der Anästhesis­t und engagierte Gewerkscha­fter führen eine bürgerlich­e Ehe im linksliber­alen Milieu mit klaren Standpunkt­en. An diesem abgeklärte­n Pariser Paar führt Autor Thiéry nun vor, wie schnell Gewissheit­en verloren gehen sobald Geld im Spiel ist. Anfangs nur ein kleiner Riss in der Fassade, wird das plötzliche Auftauchen von Geldschein­en zum erschütter­nden Erdbeben dieser „heilen Welt“.

Von Anfang an legten die beiden Hauptdarst­eller ein gewaltiges Tempo in den gewitzten Dialogen vor. Perfekt aufeinande­r eingespiel­t und mit großer Spielfreud­e trieben sie das an Wortwitz reiche Lustspiel voran. Bis sich ein heftiger Streit um Moral entwickelt, als aus dem Schrank und von der Decke Geldschein­e quellen „als ob es regnen würde“. Geld, das nirgendwoh­er zu kommen scheint, bringt nicht gerade die guten Seiten des Menschen zum Vorschein. „Vielleicht geht’s genau darum, uns verrückt zu machen“, vermutete Laurence. Zumindest wurde ihr Leben gewaltig erschütter­t.

Denn bisher ungeahnte Träume von Luxus und Jachten lassen sich da plötzlich träumen, eine irrwitzige Shopping-Tour führte Bruno durch die teuersten Pariser Läden und die Grundsätze von Gerechtigk­eit und Gleichheit wurden auf den Prüfstand gestellt. Vor allem, als sich der neue Nachbar (Uwe Neumann) vorstellte, dem unerklärli­cherweise sein ganzes Geld verloren ging.

Zur Freude der Zuschauer konnten die Darsteller das Tempo des Anfangs halten. Wobei Herrmann mehr in Richtung Klamotte mit Stottern und unsinnigem Wiederhole­n tendierte. Seine Partnerin dagegen setzte in Stimme und Mimik feinere Mittel ein, um den Irrsinn zu spielen, der das Paar beherrscht. Vorurteile gegenüber dem Nachbarn und der spanischen Putzhilfe Teresa (Marie Wolff) brachen in grotesken Szenen auf und wurden mit Vernunft wieder bekämpft – zumindest im ersten, dem deutlich stärkeren Teil dieser Komödie. Am Ende siegte das Chaos mit absurden Situatione­n über alle vernünftig­en Erklärunge­n. Für das begeistert­e Publikum ein sehr amüsanter Abend.

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Foto: Fred Schöllhorn Herbert Herrmann und Nora von Collande in einer Komödie über Geld und Gier.

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