Augsburger Allgemeine (Land West)
Sie lüften die Geheimnisse des Römerschmucks
Projekt Studentinnen der Uni präsentieren noch nie gezeigte Schmuckstücke aus der „Schatzkammer“der Stadtarchäologen. Für ihre neue kleine Schau im Zeughaus haben sie sich einiges einfallen lassen
Die alten Römer liebten Schmuck. Soldaten trugen ihn genauso wie Frauen und Kinder, sogar Toten wurden wertvolle Schmuckstücke mit ins Grab gegeben. Heute wird Römerschmuck bei vielen Ausgrabungen in Augsburg gefunden. Es ist ein echter Schatz, der im Depot der Stadtarchäologie ruht. Eine Gruppe von Archäologiestudentinnen der Universität Augsburg holt nun ausgewählte Stücke ans Licht, die noch nie öffentlich zu sehen waren. Ab Freitag werden sie in einer kleinen, feinen Ausstellung im „Römerlager“des Augsburger Zeughauses gezeigt. Dort werden die Studentinnen auch Geheimnisse der Vergangenheit lüften.
„Sein und Schein“– so lautet der Titel der kleinen Sonderschau. Das Motto hat Gründe: Folgt man Professorin Natascha Sojc, ist Schmuck ein Kristallisationspunkt, an dem sich viele Lebensgewohnheiten der Römer festmachen lassen. Glanzvolle Accessoires waren nicht nur eine Frage des Lebensstils, der Repräsentation und Selbstdarstellung in den oberen Schichten der Gesellschaft. Auch Material und Geldwert spielten eine wichtige Rolle. „Schmuck war eine tragbare Bank“, sagt die Archäologin. Oft war Schmuck auch symbolisch aufgeladenes Beiwerk – etwa als Glücksbringer, Trauerzeichen oder als Symbol der Herrschaft über ein Imperium. Sojc sagt, selbst kleine Preziosen zeigen durch die Auswahl von Steinen und Metallen aus unterschiedlichen Teilen des Römerreiches: „Seht her, wir regieren die Welt.“
Die Archäologieprofessorin hat ihr Spezialthema Schmuck mit an die Uni Augsburg gebracht. Dort wollte sie aber nicht nur wissenschaftliche Seminare halten. Sie ermunterte eine Gruppe Studentinnen, eigenständig eine kleine Ausstellung zu gestalten und zu realisieren – mit Beratung von Stadtarchäologie-Chef Sebastian Gairhos und Manfred Hahn, Leiter des Römischen Museums.
Das junge Team hat für die Schau die Geschichte des römischen Schmuckhandels recherchiert. Er nahm Anfang des zweiten Jahrhunderts vor Christus einen großen Aufschwung. Damals wurde ein Gesetz aufgehoben, das den Besitz von Goldmengen stark reglementiert hatte. Mit der Eroberung neuer Gebiete wurden Luxusgüter wichtiger. Der wirtschaftliche Aufschwung Roms im ersten Jahrhundert nach Christus führte schließlich dazu, dass römischer Schmuck auch in die Provinzen nördlich der Alpen transportiert und hier gehandelt wurde – auch in Augsburg.
Ein Beispiel sind Fibeln: „Sie waren sehr begehrte Stücke im Schmuckhandel, die oft von weit her kamen“, erzählen die Studentinnen des Teams um Julia Graf, Carolin Meckes, Daria Hunger, Angelika Hannich und Alina Bell. Sie haben für ihre kleine Schau typische römische Anstecknadeln herausgesucht, die aus einem Grabungsfund in der Augsburger Kornhausgasse stammen. Dort war offenbar ein großes Depot eines römischen Schmuckhändlers mit über 100 Fibeln.
Ein anderes Beispiel ist Goldschmuck: Preziosen aus Gold und Edelsteinen, die jetzt erstmals zu sehen sein werden, stammen aus einer archäologischen Grabung im Pulvergässchen. Dort gab es alte Flussanschwemmungen mit interessanten Funden. Die Archäologen fanden neben einigen Grabsteinen auch Schmuckstücke, die wohl aus Gräbern stammen könnten. Insgesamt konnten die Studentinnen im Depot der Stadtarchäologie aus einer enormen Zahl römischer Schmuckstücke auswählen. „Wir wollen eine möglichst große Vielfalt zeigen“, sagen sie.
Wichtig war dem jungen Team auch, ihr Thema ansprechend zu präsentieren. In einer „Dia-Schau“zeigen sie Besuchern, wie Römerschmuck getragen wird. Für die Fotoaufnahmen standen Mitglieder der Römergruppe „Raetici Romani“Modell. Außerdem organisierten die Studentinnen aus einem Münchner Museum Abgüsse antiker Statuen. Sie zeigen stilecht, wie sich römische Prinzessinnen und Prinzen schmückten. Die kleine Schau im Eingangsbereich der Toskanischen Säulenhalle soll Besucher weiter hinein in die Ausstellung „Römerlager“führen.
Auch dort wird Römerschmuck präsentiert. Ein Problem ist Hahn zufolge nur, dass die Schmuckstücke oft sehr klein und für Besucher nicht so einfach zu entdecken sind. Die Ausstellungstücke sind jedoch spektakulär – etwa ein Goldring mit Leoparden und Edelstein, der einer jungen wohlhabenden Römerin in Augsburg mit ins Grab gegeben wurde, oder ein vergoldeter Silberhelm eines hochrangigen römischen Soldaten.
„Die Zusammenarbeit mit den Klassischen Archäologen der Universität ist für uns ganz wichtig“, sagt Manfred Hahn. Vom neuesten Projekt „Sein und Schein“werden auch Besucher des Römerlagers profitieren, ist er sich sicher.