Augsburger Allgemeine (Land West)
Alles für die perfekte Show
Porträt Roland Blücher, 47, ist als Veranstaltungsmanager bei großen Shows in ganz Europa mit von der Partie. Er war mit Mario Barth, Rammstein oder Fanta 4 unterwegs. Privat liebt er die Ruhe mit Frau und Kindern im Bärenkeller
Plaudern mit Mario Barth, letzte Absprachen mit Sänger Max Raabe oder ein Schwätzchen mit den Ehrlich Brothers. Auch bei Bryan Adams, den Rolling Stones, Rammstein oder den Scorpions war er mit von der Partie. Das ist der Job von Roland Blücher. Und er hat all die wichtigen Pässe und Zutrittsberechtigungen, von denen Fans nur träumen können. Das heißt, der 47-Jährige hat Zugang zu allen Bereichen in den größten Veranstaltungshallen. Und das seit vielen Jahren.
Dass er jemals mit dem Showgeschäft zu tun haben sollte, wurde ihm nicht in die Wiege gelegt. Geboren wurde er in Starnberg, die Eltern zogen dann nach Friedberg. Als Jugendlicher absolvierte er eine Lehre als Einzelhandelskaufmann bei Sport Wagner. Er wollte weitermachen: Auf der Berufsoberschule (BOS) machte er Abitur und studierte an der Augsburger Universität Betriebswirtschaft, schloss das Studium als Diplom-Kaufmann ab. Und stellte fest, dass ein Bürojob für ihn die Hölle wäre.
Er streckte seine Fühler bereits während des Studiums in Richtung Showgeschäft aus. „Meine erste große Tour durch Deutschland war mit Waltraud und Mariechen.“Inzwischen besser bekannt als das Comedy-Duo Heißmann und Rassau. Zwei Wochen gondelte er im Auftrag vom Konzertbüro Augsburg durch Deutschland, inspizierte Hallen unterschiedlicher Größe, erkundete Ladewege, ließ sich Bestuhlungspläne vorlegen, suchte nach Stromanschlüssen und besichtigte Garderobenräume. Und dann ging es los mit den lustigen Franken.
Auf Hallensuche muss Roland Blücher heute nicht mehr. Die Branche hat sich längst professionalisiert und stellt alle Daten ins Internet. Und auch ein Malheur wie das beim Auftritt von Howard Carpendale 1994 in der Schwabenhalle würde ihm heute nur noch ein leichtes Lächeln abringen. Es war einer seiner ersten Jobs. Er stand als Security vor der Bühne, als bei den Zugaben plötzlich Tausende von Frauen Richtung Bühne rasten und er und sein Kollege sich nur durch einen Sprung retten konnten. „Uns hat niemand gesagt, dass das immer so ist.“
Inzwischen muss er auch nicht mehr vor den Bühnen stehen. „Auf meinem Tisch läuft alles zusammen, wenn mich ein Veranstalter – egal ob Konzertbüro Augsburg, Roland Halbauer oder eine Agentur – engagiert hat.“Natürlich ist er bei der Veranstaltung vor Ort. Und zwar in ganz Europa. Er engagiert Aufbauhelfer, Garderobenpersonal, und, und, und. Manchmal dauert ein Arbeitstag 18 bis 19 Stunden. Dann gibt es Energy Drinks literweise. „Egal, was passiert, um 20 Uhr geht die Show los“, so lautet die Devise.
Von Pannen blieb auch Roland Blücher trotz bester Vorbereitung nicht verschont. So zerstörte beim Open Air der Schützenjäger in Ingolstadt ein Hagel das Schaltpult und setzte es unter Wasser – Konzertende, 10000 enttäuschte Fans. Die Musiker legten die Wiederholung auf den nächsten Tag, nur 20 Karten wurden zurückgegeben. Allerdings bedeutete es eine Menge Stress für alle Beteiligten. Auch beim Auftritt des berühmten Flamencotänzers Joaquín Cortés schwitzte Blücher.
Da viele Plätze nicht verkauft waren, mussten diese auf Anordnung des Stars mit schwarzen Tüchern abgedeckt werden. Allerdings hatte nur ein Ticketsystem die verkauften Billetts versehentlich nicht gemeldet. Die Käufer strömten aber in die Halle. „500 Leute mussten ganz schnell platziert werden“, erinnert sich Blücher. Das war bei Rammstein kein Thema, bei den Rockern waren alle Tickets verkauft und gemeldet. Dafür kam die Feuerwehr mit 20 Mann, um die Pyrotechnik „abzusegnen“. Sonst seien es zwei, maximal drei Leute.
Und wie sind sie denn, die Stars, die so gerne im Scheinwerferlicht glänzen und denen die Fans nie so nahe kommen? „Die Ehrlich Brothers sind sehr angenehm“, sagt er. Und kommen bereits am frühen Morgen in die Halle. Mario Barth hat er als perfektionistisch erlebt, die Fanta 4 als ausgesprochen nett.
Privat zieht es Roland Blücher nicht in Shows. Er lebt mit Frau, drei Kindern und zwei Hunden im Bärenkeller, liebt lange Spaziergänge durch Wälder. „Ich bin ein umgänglicher Mensch“, so seine Einschätzung. Er könne sich nur wenige Situationen vorstellen, wo er nicht ruhig bleiben würde. „Ich liebe meinen Job.“Vielleicht ist er deshalb so gut im Geschäft, obwohl er keine Werbung macht und nicht mal eine Homepage hat.