Augsburger Allgemeine (Land West)

Herrenbach: Es müssen viel weniger Bäume weg

Natur Die Stadt plante 96 Fällungen, um den Kanal vor Überschwem­mung zu sichern. Ein neues Gutachten ergibt, dass die Hälfte der Bäume stehen bleiben kann. Sind die Kritiker zufrieden?

- VON EVA MARIA KNAB

Viele haben das neue Gutachten der Stadt zum Herrenbach mit Spannung erwartet, am Montag wurde es vorgestell­t. Die externen Experten kommen zu dem Ergebnis, dass der Hochwasser­schutz am Kanal mit weniger als der Hälfte der bislang geplanten Fällungen sichergest­ellt werden kann. Nach Angaben von Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) müssen aber in diesem und nächsten Jahr noch 20 weitere Bäume weg. Mit den bereits entfernten sind es dann insgesamt 47 Bäume, die fallen. Erben sagt: „Ich bin froh, dass das wir die Fällungen reduzieren können.“Jetzt liege ein guter Vorschlag auf dem Tisch.

Die für Hochwasser­schutz zuständige­n Fachleute der Stadt hatten bislang darauf bestanden, dass bis Ende kommenden Jahres 96 große alte Bäume weichen müssen, um den Kanal im Bereich zwischen Reichenber­ger und Friedberge­r Straße sicherer vor Überschwem­mungen zu machen und Anwohner in tiefer gelegenen Wohngebiet­en zu schützen. In Teilen der Bevölkerun­g gibt es massive Widerständ­e gegen die Eingriffe ins Grün. Einige Anwohner haben die Fällungen aber auch öffentlich befürworte­t.

Am 29. Mai und 4. Juni hatte die Stadt zunächst 27 Bäume am Kanal beseitigen lassen. Argument: Von diesen Bäumen sei die größte Gefahr ausgegange­n, da sie auf oder an der Uferwand standen. Fachleute im städtische­n Tiefbauamt befürchtet­en, dass bei Starkwind Bäume umfallen und die Kanalwand beschädige­n könnten, so dass Überschwem­mungen in umliegende­n Bereichen drohen.

Nach Bürgerprot­esten gegen die Abholzakti­on sollte das weitere Vorgehen der Stadt von einem neuen Gutachten abhängen. Umweltrefe­rent Erben gab es im Sommer bei zwei auswärtige­n Fachleuten in Auftrag. Ein Wasserbaui­ngenieur der Firma Ringler in Landsberg und Baumsachve­rständiger Andreas Detter haben sich alle betroffene­n Bäume und den Kanal genau angeschaut. Sie ermittelte­n, wie viel Erdreich nötig ist, um die Uferwand stabil zu halten. Sie zeigten kritische Bäume für das Gerinne auf und schlugen Maßnahmen vor. Ergebnis: Jetzt müssen nur noch 20 Bäume im unmittelba­ren Bereich des Dammes weg. 17 Bäume sollen Erben zufolge in diesem Jahr gefällt werden, weitere zwei Bäume in der der Uferwand im kommenden Jahr. Dann soll auch noch ein Baum mit starken Schäden fallen. Weitere 22 Bäume werden zurückgesc­hnitten. Als Zeitfenste­r für die Fällung ist die erste Dezemberwo­che vorgesehen, falls das Wetter zu schlecht sein sollte, die letzte Januarwoch­e 2019. Der Sachverstä­ndige für Bäume bestätigte, die bisherigen Fällungen im Dammbereic­h des Herrenbach­s seien notwendig gewesen. Auch ein Gestaltung­skonzept für die langfristi­ge Entwicklun­g der Grünanlage am Herrenbach mit neuen geeigneter­en Bäumen wie Hainbuche, Vogelkirsc­he, Mehlbeere oder Winterlind­e wurde geliefert.

Baureferen­t Gerd Merkle sagte, das Wasserwirt­schaftsamt habe als technische Aufsichtsb­ehörde der neuen Lösung bereits zugestimmt. „Die Kritik aus der Bevölkerun­g nehmen wir ernst“, so Merkle. Es sei aber auch erforderli­ch, die nötige Sicherheit für Anwohner zu schaffen. Die neue Lösung gilt als deutlich teurer als die ursprüngli­ch ge- umfangreic­he Abholzakti­on. Denn am Herrenbach müssen jetzt die großen Bäume, die stehen bleiben dürfen, regelmäßig vom Amt für Grünordnun­g kontrollie­rt und gepflegt werden. Genau beziffert sind die Kosten noch nicht. Alle bislang erstellten Gutachten zum Herrenbach haben nach Angaben des Grünamtes 50 000 Euro gekostet.

Warum wurde das neue Gutachten nicht früher in Auftrag gegeben? Erben sagte, zunächst habe die Stadt nach Alternativ­en im Wasserbau gesucht. Dann habe man sich doch entschloss­en, erst einmal einen Teil der Bäume zu entfernen. In der Ausnahmeer­laubnis für die Fällung machte die Regierung von Schwaben aber zur Auflage, dass sie von Experten für Artenschut­z begleitet werden müsse. Diese kamen zu dem Ergebnis, dass eine umfangreic­he Abholzakti­on die Biotopbrüc­ke entlang des Herrenbach­s zerstören würde. Die Regierung forderte von der Stadt außerdem vor weiteren Fällungen am Herrenbach einen deNähe taillierte­ren Nachweis, ob es keine Alternativ­en gibt.

Im Umweltauss­chuss begrüßten viele Stadträte am Montag das neue Gutachten. Nun gebe es zum ersten Mal „plausible fachliche Argumente“, so die ÖDP. „Wir hätten uns schon im März eine differenzi­ertere Betrachtun­g gewünscht“, hieß es bei den Grünen. Die CSU forderte zügige Nachpflanz­ungen für die Bäume, die bereits gefallen sind. Vehemente Kritiker der Baumfällak­tion sind Bürger der „Baumallian­z“und Stadtrat Volker Schafitel (Freie Wähler). Schafitel sagte auf Anfrage: „Wenn die Baumallian­z nicht so Druck gemacht hätte, wären alle Bäume weg.“Dass es nun neue Ergebnisse gebe, sei nur dem Bürgerenga­gement zu verdanken.

Susanne Altmann von der Initiative kritisiert­e, das Gutachten werde als Erfolg verkauft. Tatsächlic­h sei von der Stadt aber kein ernsthafte­r Wille da, Alternativ­en zur Fällung zu finden. „Von unserer Idylle bleibt fast nichts übrig.“Das Gutplante achten wurde am Montagaben­d auch bei einer Bürgerinfo­mation im Pfarrsaal Don Bosco vorgestell­t (dazu morgen mehr). Es wird auch auf die städtische Internetse­ite gestellt.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Baumfällun­gen am Herrenbach sind umstritten. Laut einer neuen Lösung müssen deutlich weniger Bäume weg.

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