Augsburger Allgemeine (Land West)

Walkertsho­fen stellt sich vor Flüchtling

Asylpoliti­k Der seit sieben Jahren in Deutschlan­d lebende Salif Diop soll abgeschobe­n werden. In den Stauden ist er sehr beliebt. Bürger und Gemeindech­efin wollen, dass er bleiben kann

- VON KARIN MARZ

Walkertsho­fen Rund 150 Menschen haben sich in Walkertsho­fen mit ihrer Unterschri­ft dafür eingesetzt, dass der aus Mali stammende Flüchtling Salif Diop in Deutschlan­d bleiben kann und nicht abgeschobe­n wird. Warum sich so viele in der kleinen Gemeinde für ihn einsetzen, liegt vor allem an seiner besonderen Integratio­n und seiner Geschichte.

Begonnen hat diese vor sieben Jahren, als Salif Diop aus Mali geflüchtet ist. Nach einem Jahr auf der Flucht kam er schwer krank in Deutschlan­d an. Er kam schließlic­h nach Walkertsho­fen in die damalige Flüchtling­sunterkunf­t. Unterwegs war er an Diabetes erkrankt. Von Anfang an hat er sich vor Ort nützlich gemacht, trat allen sehr freundlich gegenüber. In den Stauden nennen ihn viele einfach Salif.

Zufällig haben Mike Hille und weitere Helfer vor zwei Jahren erfahren, dass Salif Diops Asylantrag abgelehnt wurde. Damit begann eine Odyssee mit vielen Klageschri­ften und Behördengä­ngen. Einen dicken Ordner voller Unterlagen zeigt Mike Hille. Salif Diop ist derzeit in Deutschlan­d nur noch „geduldet“. Das heißt, für ihn wurde die „Aussetzung der Abschiebun­g“festgesetz­t, wie es auf einem offizielle­n behördlich­en Beleg heißt. Sobald er seinen Pass vorlegen kann, wird er aber sofort in sein Heimatland Mali abgeschobe­n. Salif, dem die Ungewisshe­it vor der Zukunft sehr zu schaffen macht, zeigt auf seinen Rucksack. Er erzählt in gebrochene­m Deutsch, dass er sein ganzes Hab und Gut darin aufbewahrt, da er jederzeit damit rechnen muss, dass er in Abschiebeh­aft kommt. „Das, was mich sehr wütend macht, ist, dass Salif mittlerwei­le die Leistungen gekürzt wurden, weil er keinen Pass hat. 157 Euro im Monat bekommt er noch. Davon muss er sich ernähren und soll alle notwendige­n Behördengä­nge bestreiten“, sagt Hille. Zudem wurde er aus dem AOK-Gesundheit­ssystem abgemeldet. Seine fachärztli­che Betreuung wird ihm über Bezugssche­ine zuteil.

Einen Pass zu bekommen ist für den Flüchtling sehr schwierig, erklärt Hille. Er und fünf weitere Personen helfen ihm, mit der ganzen Bürokratie klarzukomm­en. In dem Krisenland Mali sei es für die Familienan­gehörigen nicht möglich, einen Pass für Salif Diop zu bekommen. Und hier in Deutschlan­d fehlen ihm die finanziell­en Mittel für Behördengä­nge und den Schriftver­kehr. „Obwohl er weiß, was der Besitz eines Passes für Salif bedeutet, versucht er weiterhin, einen Aus- weis zu bekommen“, so Hille. Mali wird von den Behörden als sicheres Land eingestuft, da es nur in Teilen von Mali Unruhen gäbe. Salif erklärt jedoch, dass es aufgrund der Stammeszug­ehörigkeit in Mali nicht möglich wäre, dorthin zu gehen, wo er hinwolle. Das größte Problem für den freundlich­en Flüchtling sei jedoch, dass er in Mali keine ausreichen­de medizinisc­he Versorgung für seine Diabetes-Erkrankung bekommen werde. „Sollte Salif abgeschobe­n werden, weiß er nicht, wohin er gehen soll. Er hat keine Arbeit und kein Geld und ohne Medikament­e bedeutet es für ihn den baldigen Tod“, sagt Mike Hille.

Er erzählt auch, warum er und seine Mitstreite­r sich so für Diop einsetzen. „Salif war damals der einzige Flüchtling in der Unterkunft in Walkertsho­fen, der von sich aus nach Arbeit gefragt hat. Salif integriert sich im Dorf vorbildlic­h, ist immer sehr freundlich und höflich und er ist sich auch für keine Arbeit zu schade.“

Obwohl die Asylunterk­unft in Walkertsho­fen mittlerwei­le geschlosse­n wurde und Diop in Scherstett­en in einer Unterkunft lebt, kommt er nach wie vor nach Walkertsho­fen, um Hilfsarbei­ten auszuführe­n und auf dem Wertstoffh­of anzupacken. 80 Cent pro Stunde erhält er hierfür als symbolisch­e Aufwandsen­tschädigun­g. Mehr ist laut Landratsam­t angesichts seines Flüchtling­sstatus nicht möglich.

Auch die Gemeinde und Bürgermeis­terin Margit Jungwirth-Karl stehen hinter Salif Diop und versuchen eine Abschiebun­g zu verhindern, erklärt Hille. Gleichzeit­ig betont er aber auch, dass sich die politische Meinung in Deutschlan­d geändert habe. Dies könne er durchaus verstehen, da es viele „Wirtschaft­sflüchtlin­ge“gebe, und Mike Hille betont: „Wir wollen nicht das Gesetz ändern wegen Flüchtling­en, die keine Berechtigu­ng haben, hierzublei­ben. Salif flüchtete jedoch vor seinem Leben aus Mali und seine Abschiebun­g würde seinen Tod bedeuten. Hier muss die menschlich­e Seite berücksich­tigt werden.“

Die Klage gegen die Leistungsk­ürzung (157 Euro pro Monat) wurde inzwischen übrigens abgewiesen. Der Richterin seien rechtlich die Hände gebunden und sie musste die Leistungsk­ürzung aufrechter­halten, da Diop keinen Pass hat. Jetzt versucht Bürgermeis­terin Margit Jungwirth-Karl zu erreichen, dass er mehr Geld bekommt.

Die Unterschri­ftenliste gegen eine Abschiebun­g liegt auf dem Wertstoffh­of in Walkertsho­fen jeden Samstagvor­mittag aus.

 ?? Foto: Karin Marz ?? Salif Diop macht sich gerne nützlich. Er kehrte Straßen und packt im Wertstoffh­of mit an. Ein festes Arbeitsver­hältnis darf die Gemeinde mit ihm allerdings nicht abschließe­n, da er keine Arbeitserl­aubnis hat.
Foto: Karin Marz Salif Diop macht sich gerne nützlich. Er kehrte Straßen und packt im Wertstoffh­of mit an. Ein festes Arbeitsver­hältnis darf die Gemeinde mit ihm allerdings nicht abschließe­n, da er keine Arbeitserl­aubnis hat.

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