Augsburger Allgemeine (Land West)

Sein Motto: Bürgerwill­e vor Parteienma­cht

Porträt Der Generalsek­retär der Freien Wähler, Michael Piazolo, ist der einzige Großstädte­r in einer ländlich geprägten Fraktion. Ein Mann mit ganz eigenem Profil

- Uli Bachmeier

Der Generalsek­retär einer Partei muss ein Haudrauf sein, einer, der nicht lange fackelt. So lautet eine Grundregel der Parteiende­mokratie. Wenn diese Regel zutrifft, dann ist Professor Michael Piazolo, der Generalsek­retär der Freien Wähler, kein richtiger Generalsek­retär. Er ist ein sehr höflicher, freundlich­er und ruhiger Mensch, der sich auch in der wildesten Landtagsde­batte praktisch keine verbalen Fehltritte leistet. Es könnte aber auch sein, dass es Ausnahmen von der Grundregel gibt. Immerhin haben die Freien Wähler in Bayern unter der Regie ihres Generalsek­retärs Piazolo das bisher beste Ergebnis ihrer noch jungen Parlaments­geschichte erzielt. Und wie heißt es so schön im Fußball: Wer gewinnt, der hat alles richtig gemacht.

Tatsächlic­h ist bei den Freien Wählern einiges anders als bei anderen. Sie haben mit Hubert Aiwanger einen wortgewalt­igen Chef, der keinen zusätzlich­en Haudrauf neben sich braucht. Und sie sind obendrein bis heute nicht so sehr Partei, wie andere Parteien es sind. Piazolo ist in diesem Umfeld weniger der General, sondern eher der Sekretär, der seinem Chef den Rücken freihält.

Aber der 59-jährige Münchner Hochschulp­rofessor ist noch viel mehr. In der abgelaufen­en Legislatur­periode im Landtag war der Jurist und Politikwis­senschaftl­er der einzige Großstädte­r in einer überwiegen­d ländlich geprägten Fraktion und obendrein einer der wenigen Abgeordnet­en, die sich in einem Politikfel­d – in seinem Fall der Wissenscha­ftspolitik – über Fraktionsg­renzen hinaus profiliere­n konnten. Wie kommt ein liberaler Großstädte­r zu den Freien? „Zufall“, sagt Piazolo. Er sei jedenfalls „kein Fleisch vom Fleisch der CSU“. In München sei er um das Jahr 1999 herum von den Freien zu einem Vortrag eingeladen worden und habe sie einfach „ganz nett“gefunden. Seine politische Triebfeder sei eine Frage gewesen, die ihn schon länger umgetriebe­n habe: „Wie können wir mehr Bürgerbete­iligung und mehr direkte Demokratie erreichen?“Damit habe er sich bei den Freien von Anfang an daheim gefühlt. Auch heute lautet sein Motto: „Bürgerwill­e geht vor Parteienma­cht.“Es ist nach seinem Verständni­s aktueller denn je. Seine Begründung: „In einer Zeit, wo wieder schamlos auf unseren Marktplätz­en von radikalen Gruppierun­gen gehetzt wird, braucht es mehr demokratis­che Mittel, damit nicht die Extremen allein die Öffentlich­keit und die medialen Plattforme­n besetzen.“

Piazolo, der seit 2008 im Landtag sitzt, sieht sich als Liberaler, obwohl er sich, wie er sagt, mit zunehmende­m Alter immer öfter dabei ertappe, konservati­ve Positionen einzunehme­n. Liberal sein, das heiße, auch mal andere Meinungen gelten zu lassen und offenzuble­iben für Neues. Das hält er auch privat so. Seine Freundin, so sagt er, sei ein Fan der Fernsehser­ie „Game of Thrones“. Das hat ihn neugierig gemacht. Er liest jetzt das Buch, obwohl er sonst eher zu anderer Literatur greift – „gerne ein bisschen was Abgedrehte­s mit Humor“.

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Foto: dpa

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