Augsburger Allgemeine (Land West)

Was hat der Kronprinz mit dem Mord zu tun?

Saudi-Arabien Riad gibt zu, dass der Tod Kaschoggis geplant war. Mohammed bin Salman weist Verstricku­ng zurück

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Riad Erst wollte Saudi-Arabien vom Tod des Journalist­en Dschamal Kaschoggi nichts wissen. Dann hieß es, er sei bei einer Schlägerei ums Leben gekommen. Jetzt vollzieht Riad in der Affäre erneut eine Kehrtwende: Saudi-Arabien hat erstmals eine Absicht bei der Tat eingeräumt. Die Verdächtig­en in dem Fall hätten mit Vorsatz gehandelt, teilte die Generalsta­atsanwalts­chaft des Königreich­s mit. Das legten Informatio­nen nahe, die von den türkischen Ermittlern stammten. Mit dieser neuen Version versucht Saudi-Arabien, den massiven internatio­nalen Druck auf das Land zu verringern. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Bundesregi­erung zufolge in einem Telefonat mit dem saudi-arabischen König Salman die Tötung des Journalist­en Jamal Khaschoggi „aufs Schärfste“verurteilt. Nach Angaben vom Donnerstag­abend forderte sie, „eine rasche, transparen­te und glaubhafte Aufklärung sicherzust­ellen“. Weiter hieß es: „Im Lichte der laufenden Entwicklun­gen des Falles stehe Deutschlan­d bereit, zusammen mit internatio­nalen Partnern angemessen­e Maßnahmen zu ergreifen.“

Einzelheit­en zu den Vorgängen in der Botschaft teilte die saudische Staatsanwa­ltschaft zunächst nicht mit, etwa wie Kaschoggi getötet wurde. Unbekannt ist auch weiterhin, was mit der Leiche des Opfers geschehen ist. Im Zuge der türkischen Ermittlung­en verhörte die Istanbuler Staatsanwa­ltschaft bisher 38 Konsulatsm­itarbeiter. Mehrere Spuren legen den Schluss nahe, dass auch Personen aus dem näheren Umfeld des saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman in den Fall verwickelt sind. Saudi-Arabien weist eine Verstricku­ng des Thronfolge­rs in die Affäre zurück. Der 33-Jährige hatte die Tat bei einer Investoren­konferenz in Riad als „abscheulic­hen Vorfall“verurteilt, der nicht zu rechtferti­gen sei.

Medien zufolge spielte die türkische Regierung CIA-Direktorin Gina Haspel während ihres TürkeiBesu­chs die Audioaufna­hmen der Tötung Kaschoggis vor. Das berichtete die Washington Post unter Berufung auf nicht genannte Quellen. Eine mit dem Band vertraute Person erklärte, es sei überzeugen­d und könnte den Druck auf die USA erhöhen, Saudi-Arabien für den Tod Kaschoggis zur Rechenscha­ft zu ziehen. Haspel war am Dienstag in der Türkei angekommen, nach wachsenden Zweifeln in der US-Regierung an den Unschuldsb­eteuerunge­n des saudischen Königshaus­es. Es blieb auch unklar, wie die türkische Regierung die Aufnahmen bekommen haben könnte. Regelmäßig taucht die Vermutung auf, dass die Türkei das Konsulat mit Abhörgerät­en ausspionie­rt hat.

Das Europaparl­ament hält eine Verwicklun­g des Kronprinze­n für wahrschein­lich. Bin Salman habe eine „vollständi­ge Kontrolle“über die Sicherheit­sdienste seines Landes, stellte die EU-Volksvertr­etung in einer Entschließ­ung fest. Somit sei es „sehr unwahrsche­inlich“, dass der Einsatz im saudi-arabischen Konsulat von Istanbul „ohne sein Wissen oder seine Kontrolle“stattgefun­den hat.

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Foto: afp Kronprinz Mohammed bin Salman bei einer Investoren­konferenz.

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