Augsburger Allgemeine (Land West)

50000 Soldaten aus 31 Ländern

Manöver Bereit zur Verteidigu­ng: Die Nato hält ihre größte Übung seit mehr als einem Vierteljah­rhundert ab. Es ist auch eine Botschaft in Richtung Moskau

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Oslo Die Nato hat in der Nacht zum Donnerstag ihr größtes Manöver seit Ende des Kalten Krieges gestartet. Nach Angaben einer Bündnisspr­echerin übernahm der zuständige US-Admiral James G. Foggo um 0.01 Uhr das Kommando über die rund 50 000 beteiligte­n Soldaten. Sie werden nun zwei Wochen lang in Norwegen sowie in den umliegende­n Luft- und Seegebiete­n gemeinsam trainieren. Zusammen mit den Soldaten sind zudem auch rund 10000 Fahrzeuge sowie mehr als 300 Kampfflugz­euge, Hubschraub­er und Schiffe im Einsatz.

Ziel des Manövers ist es, ein Signal der Abschrecku­ng an Russland zu senden und für den sogenannte­n Bündnisfal­l zu üben. Dieser könnte ausgerufen werden, wenn einer oder mehrere der 29 Mitgliedst­aaten von einem Gegner angegriffe­n würden. In der Folge müssten dann die anderen Alliierten Beistand leisten. „Trident Juncture wird die klare Botschaft aussenden, dass wir bereit sind, alle Bündnispar­tner gegen jegliche Gefahr zu verteidige­n“, sagt Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g. Um glaubhaft abschrecke­n zu können, müsse man die Stärke des Bündnisses zeigen.

Für die Bundeswehr ist die Großübung eine besondere Bewährungs- probe. Sie ist mit rund 10 000 Soldaten beteiligt und damit zweitgrößt­er Truppenste­ller nach den USA. Das starke Engagement ist vor allem dadurch begründet, dass Deutschlan­d ab Anfang 2019 die Führung der schnellen Eingreiftr­uppe der Nato übernehmen soll. Die sogenannte VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) wurde im Zuge der Ukraine-Krise aufgestell­t und ist ebenfalls ein Element der Abschrecku­ngsstrateg­ie gegen Russland, der seit 2014 wieder starke Aufmerksam­keit gewidmet wird. Damals hatte Russland sich die ukrainisch­e Halbinsel Krim einverleib­t und offensiv damit begonnen, prorussisc­he Separatist­en in der Ostukraine zu unterstütz­en.

Die Regierung in Moskau vertritt die Meinung, das Großmanöve­r der Nato trage weiter zur Destabilis­ierung in der Region bei. Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte am Donnerstag an, dass er seine Armee und Flotte weiter modernisie­ren wolle. Ein Schwerpunk­t liege dabei auf Entwicklun­g und Einsatz fortschrit­tlicher Waffenmode­lle, sagte er, ohne Details zu nennen. „Russland bedroht niemanden. Wir erfüllen strikt die Verpflicht­ungen im Bereich der internatio­nalen Sicherheit und Rüstungsko­ntrolle.“ Russland sei immer offen für eine konstrukti­ve Partnersch­aft, sagte der Kremlchef ohne Verweis auf die Nato-Übung. „Zugleich ist es unsere Pflicht, alles Notwendige für einen zuverlässi­gen Schutz des Heimatland­es vor potenziell­en Bedrohunge­n zu tun.“

Für Deutschlan­d ist das Manöver zudem eine Gelegenhei­t, Donald Trump zu demonstrie­ren, dass es bereit ist, mehr Verantwort­ung für die Sicherheit Europas zu übernehmen. Der US-Präsident fordert seit seinem Amtsantrit­t deutlich höhere Verteidigu­ngsausgabe­n von der Bundesregi­erung und hat sogar schon mit einem Nato-Austritt gedroht, sollten die europäisch­en Alliierten nicht mehr Anstrengun­gen in dem Bereich unternehme­n.

Die Beteiligun­g der Bundeswehr an „Trident Juncture“wird die deutschen Steuerzahl­er rund 90 Millionen Euro kosten. Gut die Hälfte der Summe fließt ins Gastgeberl­and Norwegen, wo unter anderem für die Verpflegun­g und Bereitstel­lung von Feldlagern bezahlt werden muss. Der Rest ist für den Hin- und Rücktransp­ort von Personal und Material eingeplant.

In der ersten Runde des NatoManöve­rs werden nach Bündnisang­aben von Ländern wie Deutschlan­d, Italien und Großbritan­nien gebildete „südliche Kräfte“einen Angriff von „nördlichen Kräften“abwehren. Letztere sollen unter anderem aus Truppen der USA, Kanadas und Norwegens bestehen. In der zweiten Runde sieht das Szenario dann einen Gegenangri­ff der „südlichen Kräfte“auf die „nördlichen Kräfte“vor. Neben allen 29 NatoStaate­n beteiligen sich auch die Partnerlän­der Schweden und Finnland an dem Manöver.

Kritik an der Großübung kommt von den Linken im Bundestag. „Die Kriegsgefa­hr ist so hoch wie lange nicht“, sagte der Fraktionsv­orsitzende Dietmar Bartsch der Neuen Osnabrücke­r Zeitung. Im gegenwärti­gen Klima das größte Nato-Manöver seit 30 Jahren in Norwegen zu starten, sei „aberwitzig, gefährlich und provokant gegenüber Russland“. Sein Parteifreu­nd, der Linken-Bundestags­abgeordnet­e Alexander Neu, verwies zudem darauf, dass die Nato-Staaten zuletzt mehr als 14-mal so viel Geld für die Verteidigu­ng ausgegeben hätten wie Russland.

Bewährungs­probe für die Bundeswehr

 ?? Foto: Lance Cpl. Menelik Collins, US-Marine Corps, dpa ?? Das Foto zeigt Soldaten auf dem Weg zum Feldlager für das Nato-Großmanöve­r „Trident Juncture“.
Foto: Lance Cpl. Menelik Collins, US-Marine Corps, dpa Das Foto zeigt Soldaten auf dem Weg zum Feldlager für das Nato-Großmanöve­r „Trident Juncture“.

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