Augsburger Allgemeine (Land West)

Trump beschuldig­t die Medien

Briefbombe­n Nach den vereitelte­n Anschlägen sieht sich der US-Präsident als eigentlich­es Opfer

- VON KARL DOEMENS

Washington Der Moment des Innehalten­s währte nicht lange. „Das sind verabscheu­ungswürdig­e Taten“, hatte der Präsident mit getragener Stimme im Weißen Haus gesagt und gefordert: „In dieser Zeit müssen wir zusammenko­mmen und die klare, unmissvers­tändliche Botschaft aussenden, dass (…) politische Gewalt jedweder Art in den USA keinen Platz hat.“Die geladenen Gäste im eleganten East Room klatschten.

Ein paar Stunden später stand Donald Trump vor 4000 Anhängern in einem Flugzeugha­ngar in Wisconsin und machte das, was er am liebsten tut: Wahlkampf. „Lock her up!“(„Sperrt sie ein!“), skandierte die Menge schon vor der Rede, und gemeint waren nicht der oder die Attentäter, sondern die frühere Präsidents­chaftskand­idatin. Entgegen seiner Gewohnheit verkniff sich Trump dieses Mal zwar jede Attacke auf Clinton. Doch ironisiert­e er sein eigenes Verhalten mit der Frage: „Seht ihr, wie nett ich mich heute verhalte? Habt ihr das jemals gesehen?“

Bald wurde klar, wen Trump als das eigentlich­e Opfer der hasserfüll­ten Polarisier­ung der amerikanis­chen Gesellscha­ft sieht: Nicht die Empfänger der potenziell todbringen­den Päckchen, sondern sich selbst. Den Medien gab er einen Teil der Schuld: „Sie stehen in der Verantwort­ung, einen zivilisier­ten Ton zu setzen und die endlosen Anfeindung­en sowie die ständig negativen und oft falschen Angriffe und Geschichte­n zu stoppen.“Er kritisiert­e, dass sein Bekenntnis als „Nationalis­t“und seine Diffamieru­ng mittelamer­ikanischer Migranten als „Gewalttäte­r“ und „Raubtiere“mit der Sprache Adolf Hitlers gleichgese­tzt worden waren: „Niemand sollte politische Gegner mit historisch­en Verbrecher­n vergleiche­n!“

Jeff Zucker, der Präsident des Nachrichte­nsenders CNN, protestier­te: „Es gibt ein vollkommen­es und umfassende­s Unverständ­nis des Weißen Hauses für die Ernsthafti­gkeit der dauernden Angriffe gegen die Medien. Der Präsident und besonders seine Sprecherin sollten verstehen, dass Worte eine Wirkung haben“, mahnte er.

Obama und das New Yorker Büro von CNN hatten am Mittwoch zu den Adressaten von Rohrbomben in wattierten Umschlägen gehört. Auch Hillary Clinton und Ex-Justizmini­ster Eric Holder sollten Päckchen erhalten, die einer Sendung glichen, die bereits am Montag im Briefkaste­n des Milliardär­s George Soros steckte. Am Donnerstag wurden ähnliche Päckchen in der Post des Hollywoods­chauspiele­rs Robert De Niro und des früheren Vizepräsid­enten Joe Biden gefunden. In allen Fällen konnten die Sicherheit­sbehörden die mutmaßlich­en Sprengsätz­e entschärfe­n und Schlimmere­s verhindern.

Nach Angaben der Bundespoli­zei FBI und der New Yorker Anti-Terror-Einheit befand sich in den Umschlägen jeweils eine einfach gebaute Bombe, die aus einem PVC-Rohr, Schwarzpul­ver, einer Batterie, einer Uhr sowie Granat- oder Glassplitt­ern bestand, die bei einer Detonation verheerend­e Wirkung entfalten können. Ob das Gerät beim Öffnen tatsächlic­h gezündet hätte, wird noch von Experten untersucht.

Auffällig ist, dass die Päckchen ausnahmslo­s an Adressaten gingen, die Zielscheib­e der politische­n Rechten in den USA sind. Die Politiker gehören der Demokratis­chen Partei an. Trump hat sie immer wieder angegriffe­n und die Demokraten als „Partei der Verbrecher“bezeichnet.

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Donald Trump

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