Augsburger Allgemeine (Land West)

SPD straft internen Kritiker ab

Ein Franke wird neuer Fraktionsc­hef

- VON HENRY STERN

München Die Wahl einer neuen Führungssp­itze sollte eigentlich ein Zeichen setzen: Ein neuer Aufbruch aus dem Tal der Tränen für die arg dezimierte SPD im bayerische­n Landtag. Nach fünf Stunden interner Sitzung mit teils absurden Szenen am Rande zeigte sich allerdings nur, wie schwer die Partei die Wahlnieder­lage getroffen hat. Und wie tief die kleine Landtagsma­nnschaft gespalten ist.

Am Ende der quälend langen Sitzung hatte sich zwar der Fürther Horst Arnold mit 13:8 Stimmen als Fraktionsc­hef gegen den Münchner Florian von Brunn durchgeset­zt. Notwendig dafür waren aber dem Vernehmen nach drei Wahlgänge – in den beiden ersten hatte es jeweils ein Stimmen-Patt gegeben. Arnold galt als Favorit der angeschlag­enen Spitzenkan­didatin und Parteichef­in Natascha Kohnen. Von Brunn hatte dagegen bereits am Wahlabend Kohnen schwere Fehler vorgeworfe­n und einen Rücktritt der gesamten Führungssp­itze gefordert.

Ein Konfrontat­ionskurs, den der eine Teil der SPD-Landtagsab­geordneten anscheinen­d unterstütz­t. Der anderen Hälfte geht der mitunter forsche Stil von Brunns dagegen offenbar derart gegen den Strich, dass sie ihn auch noch bei der anschließe­nden Wahl der Fraktionsv­izes krachend durchfalle­n ließen. Gewählt wurden hier der Unterfrank­e

Volkmar Halbleib, Simone Strohmayr aus Schwaben, Margit Wild aus der Oberpfalz und der Oberfranke Klaus Adelt.

Dass Arnold zur Vereinigun­g der Lager den Kontrahent­en von Brunn zuvor selbst als einen seiner Stellvertr­eter vorgeschla­gen hatte, konnte an dieser Abstrafung ebenso wenig ändern wie ein demonstrat­iv gemeinsame­r Gang auf die Toilette: „Das ist jedes Mal ein Prozess der intensiven Annäherung“, hatte Arnold dabei vor Journalist­en noch gescherzt. Zum Lachen war in der SPD am Ende aber niemandem mehr zumute. Nicht wenige in der Fraktion schienen gar erschrocke­n über einen gruppendyn­amischen Prozess, der mehr neues Porzellan zerschlage­n als alte Wunden geheilt hatte. Arnold, ein 56-jähriger Richter, versuchte sich deshalb nach der Sitzung als Brückenbau­er: „Wenn es menschelt, dann ist man schon beeindruck­t“, räumte er ein – warb aber um Verständni­s: „Wir sind eine Fraktion von Menschen, nicht eine Fraktion von Apparatsch­iks.“Man könne sich zudem noch immer „solidarisc­h in die Augen schauen“.

Seine Aufgabe als neuer Fraktionsc­hef sei es, „Geschlosse­nheit herzustell­en, zu halten und in der Fraktion dynamische Prozesse anzustoßen“. Inhaltlich­en oder personelle­n Änderungsb­edarf sieht Arnold dagegen nicht: Die Themen im Wahlkampf seien richtig gewesen: „Die Frage ist die Umsetzung“, sagte er.

Aus der SPD-Fraktion hieß es, manche Kollegen hätten bei der Abstimmung persönlich­e Abneigung wohl über rationale Erwägungen gestellt. Von einem unüberwind­lichen Riss könne aber keine Rede sein. Es werde aber viele Gespräche brauchen, um die neuen Gräben zuzuschütt­en.

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Horst Arnold

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