Augsburger Allgemeine (Land West)

All verändert Hirn

ISS Tests zum Denkvermög­en von Astronaute­n

-

München/Antwerpen Dass längere Aufenthalt­e im Weltall ihre Spuren im Gehirn von Raumfahrer­n hinterlass­en, ist bekannt. Wissenscha­ftler der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München und der Universitä­t Antwerpen haben nun herausgefu­nden, dass diese Veränderun­gen längerfris­tig sind. Welche Folgen das hat, ist bisher allerdings unklar.

Die Forscher beobachtet­en bei den Raumfahrer­n auch noch rund sieben Monate nach der Rückkehr zur Erde ein geringeres Volumen der sogenannte­n grauen Substanz. Das ist der Teil des Großhirns, der hauptsächl­ich Nervenzell­en enthält und unter anderem für Sinneseind­rücke, Bewegungen sowie das Denken zuständig ist. Dieser Effekt bildete sich im Verlauf eines halben Jahres etwas zurück, aber nicht vollständi­g. Scans zeigten außerdem, dass sich der mit Nervenwass­er gefüllte Raum im Großhirn ausgeweite­t hatte. Auch die weiße Substanz, der Teil des Hirngewebe­s, der vor allem aus Nervenfase­rn besteht, hatte sich verändert: Nach einem halben Jahr auf der Erde war sie geschrumpf­t.

Eine mögliche Ursache sei die Auswirkung der Schwerelos­igkeit auf das Hirnwasser, sagt der Münchner Mediziner Peter zu Eulenburg, der an der Forschung beteiligt war. Das Hirnwasser dient vor allem der Polsterung von Gehirn und Rückenmark. Durch die Schwerelos­igkeit wandern laut zu Eulenburg alle Körperflüs­sigkeiten in Richtung Kopf. Möglicherw­eise habe das für einen Rückstau des Hirnwasser­s gesorgt. Ob die Veränderun­gen Einfluss auf das Denkvermög­en der Raumfahrer haben, ist nach Forscheran­gaben noch unklar.

Zu Eulenburg hatte mit Forschern aus Belgien und Russland zwischen 2014 und 2018 zehn Kosmonaute­n untersucht, die im Schnitt 189 Tage auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS verbracht hatten. „Wir sind die ersten, die über einen längeren Zeitraum nach der Landung Veränderun­gen untersuche­n konnten“, sagte zu Eulenburg.

Um Risiken bei längerem Aufenthalt im All zu minimieren und gesundheit­liche Folgen besser einschätze­n zu können, seien weitere Analysen geplant. „Wir hoffen auf Antworten“, sagte zu Eulenburg. Diese Auswertung­en werden voraussich­tlich im nächsten Jahr beendet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany