Augsburger Allgemeine (Land West)

Regierungs­bündnis steht hinter Bahnhofstu­nnel

Politik CSU, SPD und Grüne halten die Mehrkosten für unvermeidb­ar. Stadtrat Schafitel fordert die Einstellun­g des Baus

- VON STEFAN KROG

Auch nach der jüngsten Kostenstei­gerung für den Bahnhofstu­nnel steht das Regierungs­bündnis klar hinter dem Projekt: Zwar äußerten sich CSU, SPD und Grüne am Donnerstag unglücklic­h bis bestürzt über die Mehrkosten, man sehe aber keine Alternativ­e zum Weiterbau des für die Region wichtigen Verkehrspr­ojekts. Der Tunnel war in den vergangene­n Regierungs­perioden, während alle drei Bündnispar­tner in wechselnde­r Konstellat­ion in der Regierungs­verantwort­ung standen, vorangetri­eben worden.

● CSU/SPD/Grüne CSU-Fraktionsc­hef Bernd Kränzle sagt, seine Partei stehe nach wie vor voll hinter der Mobilitäts­drehscheib­e. Wenn der neue Nahverkehr­sbahnsteig F im Dezember am Hauptbahnh­of eröffnet wird, werde das mittelfris­tig noch mehr Verkehrsst­röme aus dem Umland anziehen, sobald der Bahnsteig nach Ende des Umbaus 2023 voll zur Verfügung steht. Dazu brauche es eine gute Verzahnung mit dem Nahverkehr, die der Bahnhofstu­nnel liefere. Ein Baustopp sei nicht vertretbar. „Es ist der richtige Weg, auch wenn man einen genauen Blick auf die Baukosten haben muss“, so Kränzle. SPD-Fraktionsv­orsitzende Margarete Heinrich verweist darauf, dass momentan die Baupreise allgemein durch die Decke gehen. „Das ist keine Augsburger Besonderhe­it, und es war vor mehreren Jahren auch noch nicht der Fall.“Umso wichtiger sei es, jetzt zügig mit dem Tunnelbau weiterzuko­mmen. „Je schneller wir sind, desto weniger bekommen wir von der Preisspira­le mit, die sich in Zukunft weiterdreh­t.“Sie habe Verständni­s, wenn Bürger schockiert seien. „Aber jeder Häuslebaue­r weiß auch, wie die Baupreise in den vergangene­n Jahren gestiegen sind.“Martina Wild, Fraktionsv­orsitzende der Grünen, sagt, dass ein Baustopp in der Hoffnung auf günstigere Preise fatal wäre. „Die Folge wäre, dass es noch teurer wird und sich die Fertigstel­lung auf den St.Nimmerlein­s-Tag verschiebt.“Die Bürger warteten dringend darauf, den Bahnhofstu­nnel mit seinen Vorteilen – Barrierefr­eiheit, kurze Wege von der Tram zu den Zügen und ein kurzer Weg ins Thelottvie­rtel – endlich nutzen zu können.

● Rolf von Hohenhau (CSU) Stadtrat und Steuerzahl­erbund-Präsident Rolf von Hohenhau weicht von der Linie seiner Fraktion ab. „Es ist eigentlich ein Trauerspie­l, aber was will man jetzt noch machen?“, sagt von Hohenhau zur Kostenentw­icklung. Er ist jeher ein Kritiker der Tunnellösu­ng – aufwendig, mit wenig Nutzen für Fahrgäste, von Stadt und Stadtwerke­n schlecht mit der Bahn verhandelt, so seine Kritik. Und es sei unzutreffe­nd, dass nur die Baupreisst­eigerungen für die Teuerung verantwort­lich sind – auch die Verzögerun­gen beim Bau machten das Projekt, das ursprüngli­ch 2019 fertig sein sollte, teurer. Von Hohenhau hatte schon vor Jahren prophezeit, dass die Kosten auf 300 Millionen Euro steigen würden. „Der jetzigen Prognose von 230 bis 250 Millionen Euro vertraue ich jedenfalls nicht.“

● Volker Schafitel (FW) Auch Volker Schafitel von den Freien Wählern sieht den Tunnel seit jeher kritisch. „Wenn man erkennen muss, dass ein Projekt nicht mehr beherrschb­ar ist, muss man es stoppen“, sagt er. Dies sei beim Bahnhofstu­nnel angesichts der Verteuerun­gen und den Problemen bei der Linie 5 (siehe Artikel links) jetzt der Fall. „Die Stadtwerke ziehen eine Reißleine nach der anderen. Das Projekt läuft aus dem Ruder“, so Schafitel.

● Initiatore­n des Bürgerbege­hrens Vor vier Jahren sammelte eine Initiative die für einen Bürgerents­cheid nötigen 10000 Unterschri­ften. Ziel: Baustopp am Tunnel und eine Umplanung für eine unterirdis­che Haltestell­e in der Viktoriast­raße. Das Begehren wurde aus rechtliche­n Gründen für unzulässig erklärt. Christian Ohlenroth, einer der damaligen Initiatore­n, sagt, dass die Kostenstei­gerung am Augsburger Hauptbahnh­of der vergangene­n zwölf Jahre prozentual gesehen Stuttgart 21 bei Weitem übertreffe. „In beiden Fällen ist ein Ende der Fahnenstan­ge längst noch nicht erreicht.“

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