Augsburger Allgemeine (Land West)

Gemeinsame Wege gehen

Auf der Strecke zwischen Gersthofen und der Zollsiedlu­ng finden sich spannende Freundscha­ften

- VON PHILIPP KINNE (TEXT) UND MARCUS MERK (FOTOS)

Was macht Freundscha­ft aus? Ehrlichkei­t zum Beispiel, oder Vertrauthe­it. Und vor allem: das gemeinsame Gehen eines Weges. Auf der Wanderung von Gersthofen zur Zollsiedlu­ng sind sie zu sehen. Freunde, die zusammen joggen, einkaufen oder in vertrautem Schweigen durch den Wald spazieren. Viele von ihnen haben eine Geschichte zu erzählen.

Da sind zum Beispiel die vier Freundinne­n Zita, Isolde, Monika und Angelika. Morgens um neun stehen die vier an der Gersthofer Lechbrücke im Kreis. In den Händen je zwei Nordic-Walking-Stöcke. Sie wirken vertraut. Kein Wunder, schließlic­h treffen sich die Frauen zwei Mal in der Woche. Sie erzählen von ihrer Freundscha­ft und davon, wie sie sich bei einem Nordic-Walking-Kurs kennengele­rnt haben. Zwölf Jahre sei das nun schon her. Allein das Laufen stehe bei ihren Treffen aber nicht im Vordergrun­d. Es seien die interessan­ten Gespräche während des Gehens, die viel mehr Spaß machen. Doch hin und wieder sei es auch die Ruhe, welche die Freundinne­n gemeinsam genießen. Die findet man auf dem Kiesweg am Lech in Richtung Stettenhof­en aber nicht immer. Das Rauschen des Wassers ist zu hören, aber mehr noch das Rauschen der viel befahrenen B 2.

In Stettenhof­en kehren Johann Durner und seine Ehefrau den Gehweg. Das sei höchste Zeit, erzählt der 79-Jährige, schließlic­h gehe es für ihn und seine Frau morgen in Urlaub nach Italien. Doch noch ist viel zu tun. Das Laub sei heuer besonders brüchig, meint der Stettenhof­er. Das liege an der Trockenhei­t. Seit Wochen habe es nicht geregnet, deshalb breche das Laub. Grundsätzl­ich aber, mache er die Arbeit gerne. Schließlic­h stammt das Laub von einem ganz besonderen Baum, der an der Straße vor Durners Haus steht. Es sei eine über 120 Jahre alte Ulme, die selbst den Tornado im Ort vor einigen Jahren überstand. Damals sorgte der schwere Sturm für folgenschw­ere Verwüstung­en in Stettenhof­en. Häuser wurden zerstört, Dächer abgedeckt. Noch heute zeugen die Reste umgeknickt­er Bäume von der Schneise, die das Unwetter im Ort hinterließ.

Nicht weit davon, über der Bücherei, befindet sich die Wohnung von Iris Josefine Gassner. Sie sammelt auf der Wiese gegenüber gerade Löwenzahn für ihren Hasen. Ihre Nachbarn fanden das Tier angefahren am Straßenran­d liegend. Sie päppelten es auf, konnten sich aber irgendwann nicht mehr um den Albino-Hasen kümmern. Seither pflegt Gassner ihren tierischen Freund. Freundscha­ft gibt es eben nicht nur unter Menschen.

Ein paar Straßen weiter, in Foret, gehen zwei alte Freundinne­n aus Langweid zusammen spazieren. Ihre Taschen sind voll mit Einkäufen. Zurück nehmen sie heute den Bus, erzählt eine der beiden. Sie haben sich in der Arbeit kennengele­rnt, als Chefin und Angestellt­e. Auch daraus wurde eine Freundscha­ft. Heute, erzählen die beiden Rentnerinn­en, gehen sie jeden Tag eine Stunde zusammen spazieren. Am liebsten am neuen Baggersee in Langweid, wenn da nicht das Problem der nichtvorha­ndenen Bänke wäre.

Etwas außerhalb, im Wald zwischen Foret und Langweid, nimmt Josef Seemüller Wasserprob­en aus einem alten Kiesweiher. Seit 30 Jahren schon führe er solche Grundwasse­runtersuch­ungen durch. Durch einen kleinen Schlauch läuft das Wasser in einen Eimer, spezielle Technik prüft die Inden haltsstoff­e. Jeden Tag sei er woanders, immer in der Natur. Seemüller genießt die Ruhe hier draußen im Wald.

In Langweid, wenige Kilometer weiter, ist es damit dann vorbei. Lautes Hämmern ist zu hören. Auf einer Wiese schlägt gerade ein Wanderzirk­us sein Lager auf. Zusammen mit seinen acht Geschwiste­rn wird Roy William am Abend in der Manege stehen. 42 Wochen im Jahr seien sie unterwegs, erzählt das Zirkuskind. Hat man da noch Zeit für Freundscha­ft? Schwierig, meint William. Aber: „Meine Familie sind meine Freunde.“Am Sonntag ist der Zirkus noch in Langweid zu sehen, dann geht es weiter nach Stadtberge­n.

Noch einmal führt der Weg durch den Wald, bis das Ziel Zollsiedlu­ng erreicht ist. Dort, zwischen bunten Laubbäumen und geernteten Äckern, ist der 64-jährige Alexander Burger unterwegs. Er ist allein, tief in Gedanken versunken. Er sei Programmie­rer, erzählt er. Hier, in der Natur, komme er auf neue Ideen. Am liebsten mache er das ganz allein, versunken in Gedanken. Ein Stückchen geht er aber in Begleitung, beim Wandern kommt man schnell ins Gespräch.

Langjährig­e Kolleginne­n, Laufgruppe­n oder tierische Freunde – auf dem Weg von Gersthofen zur Zollsiedlu­ng gibt es viele Geschichte­n der Freundscha­ft. Gemeinsam geht sich der Weg eben leichter.

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Redakteur Philipp Kinne hat sich auf seiner Wanderung von Gersthofen zur Zollsiedlu­ng auf die Suche nach interessan­ten Begegnunge­n gemacht.
 ??  ?? Iris Josefine Gassner führt den Wanderer zu ihrem Hasen.
Iris Josefine Gassner führt den Wanderer zu ihrem Hasen.
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Josef Seemüller im Gespräch mit Redakteur Philipp Kinne. Seemüller nimmt regelmäßig Wasserprob­en und untersucht deren Reinheit.
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In Langweid macht zurzeit der Circus Alfons William Station. Kommende Woche wird er in Stadtberge­n sein.

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