Augsburger Allgemeine (Land West)
Gemeinsame Wege gehen
Auf der Strecke zwischen Gersthofen und der Zollsiedlung finden sich spannende Freundschaften
Was macht Freundschaft aus? Ehrlichkeit zum Beispiel, oder Vertrautheit. Und vor allem: das gemeinsame Gehen eines Weges. Auf der Wanderung von Gersthofen zur Zollsiedlung sind sie zu sehen. Freunde, die zusammen joggen, einkaufen oder in vertrautem Schweigen durch den Wald spazieren. Viele von ihnen haben eine Geschichte zu erzählen.
Da sind zum Beispiel die vier Freundinnen Zita, Isolde, Monika und Angelika. Morgens um neun stehen die vier an der Gersthofer Lechbrücke im Kreis. In den Händen je zwei Nordic-Walking-Stöcke. Sie wirken vertraut. Kein Wunder, schließlich treffen sich die Frauen zwei Mal in der Woche. Sie erzählen von ihrer Freundschaft und davon, wie sie sich bei einem Nordic-Walking-Kurs kennengelernt haben. Zwölf Jahre sei das nun schon her. Allein das Laufen stehe bei ihren Treffen aber nicht im Vordergrund. Es seien die interessanten Gespräche während des Gehens, die viel mehr Spaß machen. Doch hin und wieder sei es auch die Ruhe, welche die Freundinnen gemeinsam genießen. Die findet man auf dem Kiesweg am Lech in Richtung Stettenhofen aber nicht immer. Das Rauschen des Wassers ist zu hören, aber mehr noch das Rauschen der viel befahrenen B 2.
In Stettenhofen kehren Johann Durner und seine Ehefrau den Gehweg. Das sei höchste Zeit, erzählt der 79-Jährige, schließlich gehe es für ihn und seine Frau morgen in Urlaub nach Italien. Doch noch ist viel zu tun. Das Laub sei heuer besonders brüchig, meint der Stettenhofer. Das liege an der Trockenheit. Seit Wochen habe es nicht geregnet, deshalb breche das Laub. Grundsätzlich aber, mache er die Arbeit gerne. Schließlich stammt das Laub von einem ganz besonderen Baum, der an der Straße vor Durners Haus steht. Es sei eine über 120 Jahre alte Ulme, die selbst den Tornado im Ort vor einigen Jahren überstand. Damals sorgte der schwere Sturm für folgenschwere Verwüstungen in Stettenhofen. Häuser wurden zerstört, Dächer abgedeckt. Noch heute zeugen die Reste umgeknickter Bäume von der Schneise, die das Unwetter im Ort hinterließ.
Nicht weit davon, über der Bücherei, befindet sich die Wohnung von Iris Josefine Gassner. Sie sammelt auf der Wiese gegenüber gerade Löwenzahn für ihren Hasen. Ihre Nachbarn fanden das Tier angefahren am Straßenrand liegend. Sie päppelten es auf, konnten sich aber irgendwann nicht mehr um den Albino-Hasen kümmern. Seither pflegt Gassner ihren tierischen Freund. Freundschaft gibt es eben nicht nur unter Menschen.
Ein paar Straßen weiter, in Foret, gehen zwei alte Freundinnen aus Langweid zusammen spazieren. Ihre Taschen sind voll mit Einkäufen. Zurück nehmen sie heute den Bus, erzählt eine der beiden. Sie haben sich in der Arbeit kennengelernt, als Chefin und Angestellte. Auch daraus wurde eine Freundschaft. Heute, erzählen die beiden Rentnerinnen, gehen sie jeden Tag eine Stunde zusammen spazieren. Am liebsten am neuen Baggersee in Langweid, wenn da nicht das Problem der nichtvorhandenen Bänke wäre.
Etwas außerhalb, im Wald zwischen Foret und Langweid, nimmt Josef Seemüller Wasserproben aus einem alten Kiesweiher. Seit 30 Jahren schon führe er solche Grundwasseruntersuchungen durch. Durch einen kleinen Schlauch läuft das Wasser in einen Eimer, spezielle Technik prüft die Inden haltsstoffe. Jeden Tag sei er woanders, immer in der Natur. Seemüller genießt die Ruhe hier draußen im Wald.
In Langweid, wenige Kilometer weiter, ist es damit dann vorbei. Lautes Hämmern ist zu hören. Auf einer Wiese schlägt gerade ein Wanderzirkus sein Lager auf. Zusammen mit seinen acht Geschwistern wird Roy William am Abend in der Manege stehen. 42 Wochen im Jahr seien sie unterwegs, erzählt das Zirkuskind. Hat man da noch Zeit für Freundschaft? Schwierig, meint William. Aber: „Meine Familie sind meine Freunde.“Am Sonntag ist der Zirkus noch in Langweid zu sehen, dann geht es weiter nach Stadtbergen.
Noch einmal führt der Weg durch den Wald, bis das Ziel Zollsiedlung erreicht ist. Dort, zwischen bunten Laubbäumen und geernteten Äckern, ist der 64-jährige Alexander Burger unterwegs. Er ist allein, tief in Gedanken versunken. Er sei Programmierer, erzählt er. Hier, in der Natur, komme er auf neue Ideen. Am liebsten mache er das ganz allein, versunken in Gedanken. Ein Stückchen geht er aber in Begleitung, beim Wandern kommt man schnell ins Gespräch.
Langjährige Kolleginnen, Laufgruppen oder tierische Freunde – auf dem Weg von Gersthofen zur Zollsiedlung gibt es viele Geschichten der Freundschaft. Gemeinsam geht sich der Weg eben leichter.