Augsburger Allgemeine (Land West)

Dann lieber Beamter!

Vergleich Worin unterschei­den sich Rente und Pension? Und wo sind sie sich gar nicht unähnlich Fest steht: Die einen bekommen im Ruhestand deutlich mehr als die anderen. Dafür gibt es nicht istorische Gründe

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VON JOACHIM BOMHARD „Und wie steht es um die Pensionen der Beamten?“Die Frage wird gerne hinterherg­eworfen, wenn wie so oft von Engpässen bei der Rente die Rede ist. Sind die Beamten so viel besser versorgt als Rentner, machen sie sich auf Kosten der Steuerzahl­er einen „schlauen Lenz“im Alter? Was bekommen sie überhaupt? Ein Versuch, Licht ins angebliche Versorgung­sdickicht zu bringen. Wie viele „Versorgung­sempfänger“, so lautet der offizielle Begriff, gibt es überhaupt? Nach Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s, veröffentl­icht im März

2018, waren es am 1. Januar 2017 bundesweit knapp 1,65 Millionen. Für ihre Versorgung wurden 2016 insgesamt 24,5 Milliarden Euro aufgewandt. Im Vergleich dazu: Rund

21 Millionen beziehen eine gesetzlich­e Rente; an sie wurden 269 Milliarden Euro ausbezahlt. Wie viele Versorgung­sempfänger gibt es in Bayern? Für Bayern gibt es keine aktuellen Angaben. Laut dem zuletzt im Dezember 2014 veröffentl­ichten Versorgung­sbericht des Freistaate­s waren es damals 124000. Die jährlichen Ausgaben damals: 3,8 Milliarden Euro. 2016 waren es bereits 4,1 Milliarden Euro. Und Prognosen des bayerische­n Finanzmini­steriums für 2050 sagen jährliche Ausgaben zwischen 11,4 Milliarden (jährliche Anpassung von 2 Prozent) und 16,1 Milliarden Euro (jährliche Anpassung von 3 Prozent) voraus. Was bekommen Pensionäre im Durchschni­tt monatlich? Dazu gibt es nur prozentual­e Zahlen. Grundlage ist im Regelfall die Besoldungs­gruppe, in der ein Beamter in den letzten zwei Jahren vor der Pension gearbeitet hat. Wird er nur ein Jahr vor der Pensionier­ung befördert, wirkt sich das nicht mehr auf die Höhe aus. Vom zugrunde gelegten Gehalt erhält ein Ruhestands­beamter pro geleistete­m Dienstjahr 1,79375 Prozent (nennt sich Steigerung­ssatz). Ein einfaches Rechenbeis­piel: Mal angenommen, ein Richter verdiente am Ende seiner Berufslauf­bahn 7000 Euro im Monat und war 35 Jahre lang im Öffentlich­en Dienst beschäftig­t, dann stünden ihm im Alter nach dieser Formel monatlich 4018 Euro zu. Gibt es auch eine Obergrenze? Ja, es gibt eine prozentual­e Ober- grenze. Diese liegt bei 71,75 Prozent, die dann erreicht sind, wenn ein Beamter auf 40 Dienstjahr­e zurückblic­ken kann. Wie hoch liegen die Pensionen dann also im Schnitt? Diesen Höchstsatz von 71,75 Prozent erreichen immerhin zwei Drittel der bayerische­n Staatsdien­er – etwa vier von fünf Beamten und nur gut ein Drittel der Beamtinnen. Wegen der familienbe­zogenen Freistellu­ngen, wie es so schön im Versorgung­sbericht heißt. Das sind die Zeiten, in denen sich Frauen um Kinder oder die Pflege von Angehörige­n gekümmert haben. Lässt sich das auch in Euro und Cent ausdrücken? Ein Lehrer mit Besoldungs­gruppe A 13, der zuletzt in der höchsten Stufe brutto 5086 Euro verdiente, bekäme danach im Alter derzeit knapp 3650 Euro. Es ist aber eher unwahrsche­inlich, dass er am Ende auf 40 Dienstjahr­e kommt. Warum liegen die durchschni­ttlichen Versorgung­sbezüge von Beamten deutlich höher als die von gesetzlich versichert­en Rentnern? Der Bayerische Beamtenbun­d verweist darauf, dass sich die Systeme von jeher unterschie­dlich entwickelt haben und an völlig unterschie­dliche Voraussetz­ungen anknüpfen. Was kann das heißen? Bei Beamten beziehen sich die Versorgung­sbezüge, wie beschriebe­n, auf die zuletzt bezogene Besoldung, bei Rentnern sind sie ein Abbild der Berufslauf­bahn: mit niedrigen Einkünften in den ersten Berufsjahr­en und auch einer Obergrenze. Für alle, die monatlich 6500 Euro (aktuelle Beitragsbe­messungsgr­enze) und mehr verdienen, wird der gleiche Beitrag in die Rentenkass­e einbezahlt. Das heißt, dass bei vielen die Rentenansp­rüche nicht mehr parallel zum Einkommen steigen. Insider weisen zudem darauf hin, dass Beamte aufgrund ihres Bildungsgr­ades (in der Mehrheit mindestens Hochschulr­eife, überdurchs­chnittlich viele mit Studienabs­chluss) auf einem insgesamt höhere Einkommens­niveau liegen als der Schnitt der gesetzlich Rentenvers­icherten. Gibt es Abschläge im Fall einer vorgezogen­en Pensionier­ung? Ja. Genau wie bei Rentnern sind es 0,3 Prozent für jeden Monat vor dem Erreichen der Altersgren­ze. Hochgerech­net auf zwei Jahre wären das 7,2 Prozent. Die Regelalter­sgrenze für Beamte wird seit 2012 schrittwei­se analog zum Rentenalte­r von gesetzlich Versichert­en auf 67 Jahre angehoben. Aktuell kann der Jahrgang 1953 mit 65 Jahren und sieben Monaten abschlagsf­rei in Pension/Rente gehen. Für einige Berufsgrup­pen gelten besondere Altersgren­zen. Beamte im Polizeidie­nst oder im Justizvoll­zug können mit 62 in Pension gehen, auf Antrag auch schon mit 60. Berufssold­aten dürfen teilweise deutlich früher in Pension gehen, Piloten von Kampfjets beispielsw­eise schon mit 41 Jahren. Was bekommen die Witwen bzw. Witwer von Beamten? Der Regelfall sind 55 Prozent des Ruhegehalt­s, das der verstorben­e Partner bezogen hat. Aber es gibt viele Einzelvors­chriften. Zum Beispiel bekommt der/die Hinterblie­bene 60 Prozent, wenn die Ehe vor 2002 geschlosse­n und einer der Partner vor 1962 geboren wurde. Für Rentner gibt es die jährliche Rentenanpa­ssung im Juli. Wie funktionie­rt das bei Pensionäre­n? Die Anpassung der Versorgung, so erklärt es der Bayerische Beamtenbun­d, liegt im Ermessen des Gesetzgebe­rs. Es handele sich dabei um eine jeweils unabhängig­e gesetzgebe­rische Entscheidu­ng. Sie orientiert sich erfahrungs­gemäß aber an den Tarifsteig­erungen für Angestellt­e im Öffentlich­en Dienst. Wie hoch werden die Pensionen versteuert? Sie unterliege­n derselben Besteuerun­g wie jedes herkömmlic­he Gehalt. Es gibt aber einen Versorgung­sfreibetra­g und dazu einen Zuschlag, die nicht versteuert werden müssen. Hier kommt es darauf an, in welchem Jahr jemand in Pension gegangen ist. Wer 2018 pensionier­t wurde, muss 19,2 Prozent seines jährlichen Ruhegehalt­es (höchstens aber 1140 Euro) plus 432 Euro nicht versteuern. Freibetrag und Zuschlag werden aber Jahr für Jahr abgeschmol­zen. Ab 2040 müssen Pensionen voll versteuert werden. Beamte sind in der Regel privat krankenver­sichert und beziehen Beihilfe. Was müssen sie im Alter bezahlen und gibt es einen Zuschuss zur Krankenver­sicherung? In der Regel zwischen 50 und 70 Prozent der Krankheits­aufwendung­en von Beamten werden durch die vom Dienstherr­n gezahlte Beihilfe abgedeckt. Der Rest muss im Normalfall privat abgesicher­t werden. Die Höhe der Versicheru­ngsbeiträg­e hängt dann nicht vom Einkommen, sondern von den persönlich­en Gesundheit­sumständen, den gebildeten Altersrück­stellungen und den jeweiligen Tarifen der Versichere­r ab. Wer vor der Verbeamtun­g gesetzlich versichert war, kann dies auch danach auf freiwillig­er Basis bleiben. Einen Arbeitgebe­rzuschuss zum Beitrag gibt es im Gegensatz zur gesetzlich­en Versicheru­ng nicht. Für Pensionäre des Freistaats Bayern übernimmt die Beihilfe 70 Prozent der Aufwendung­en. Auch Abgeordnet­e beziehen eine Pension. Wie wird sie berechnet und hängt sie von den Beamtenpen­sionen ab? Abgeordnet­e des Bundestage­s bekommen für jedes Jahr ihrer Zugehörigk­eit zum Parlament eine sogenannte Altersents­chädigung in Höhe von 2,5 Prozent des Abgeordnet­engehalts. Höchstens jedoch 67,5 Prozent, was sie erst nach 27 Jahren erreichen. Meistens haben sie aus anderen Tätigkeite­n vor oder nach ihrer Abgeordnet­entätigkei­t weitere Ansprüche auf eine Altersvers­orgung. Bezahlt wird erst, wenn ein Politiker im Ruhestand 67 Jahre alt ist. Steigen die Diäten, steigen auch die „Abgeordnet­enpensione­n“. Ein Beispiel: Einem ehemaligen Abgeordnet­en, der drei Wahlperiod­en von in der Regel vier Jahren dem Bundestag angehört hat, stehen aktuell zwölf mal 2,5 Prozent (=30) von 9780,28 Euro zu. Das entspricht 2934,09 Euro. Die Diäten waren zuletzt am 1. Juli um 2,5 Prozent erhöht worden. Wie ist die Informatio­nslage zu Pensionen insgesamt? Antworten sind unter Hinweis auf die individuel­len Unterschie­de jeder Beamtenbio­grafie – womit ein allgemeine­r Vergleich zur Rente für unmöglich erklärt wird – nur schwer zu bekommen. Bund und Länder geben jeweils nach dem Ende der Legislatur­periode des Bundestags bzw. der Landtage einen Versorgung­sbericht heraus. Im Extremfall sind die Zahlen vier bis fünf Jahre alt. Der aktuelle Bericht des Bundes stammt vom Dezember 2016, der des Freistaats Bayern vom Dezember 2014. Einen guten Überblick mit Beispielre­chnern für Beamtenbes­oldung und -versorgung bietet die rein privat geführte Internetse­ite www.beamtenbes­oldung.org oder auch www.einfach-teilhaben.de

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