Augsburger Allgemeine (Land West)
Die vielen Seiten der Eva Gold
Porträt Schon vieles hat die 35-jährige Augsburgerin gespielt und gesungen: eine laszive Prostituierte, Lieder von Bertolt Brecht, die Bühnenmusik zu Peer Gynt. Ihr erstes Soloalbum dreht sich nun um die Sängerin selbst
Irgendwann wollte Eva Gold es nicht mehr aufschieben, wollte nicht mehr warten auf genügend Zeit und Geld und ein Studio, auch nicht auf den richtigen Moment für ein eigenes Album. Die Texte und die Musik hatte sie ja schon längst in den vergangenen zehn Jahren geschrieben und komponiert. Also hörte Gold auf, über ihr erstes Soloalbum nachzudenken und fing mit der Arbeit einfach an. Sie klappte ihr altes Notebook auf und sang in das kleine Mikrofon. „Hallo Welt“heißt ihr erstes Soloalbum, das Ende November erscheint. Für sie ein neues Gefühl: Hallo, ich bin da. Solo.
Denn musikalisch ist die große Brünette mit der tiefen Stimme in Augsburg schon lange keine Unbekannte mehr. In diesem Jahr wurde sie mit dem Augsburger Pop-Preis ROY ausgezeichnet. Sie erhielt ihn als Künstlerin des Jahres. Eva Gold adle mit ihrer wandlungsfähigen Stimme die Bühnen dieser Stadt, hatte Katrin Dollinger vom Kulturbüro „Rat & Tat“in ihrer Laudatio unterstrichen und die 35-Jährige zu Tränen gerührt. Das sei eine sehr intensive Situation für sie auf der Bühne gewesen. „Da habe ich realisiert, dass jeder sieht, was ich mache, und dass das wahrgenommen wird“, sagt sie. Gemeinsam mit Girisha Fernando vertonte sie die Texte aus Peer Gynt. Theater-Intendant André Bücker hatte vergangenes Jahr seine Interpretation des dramatischen Gedichts von Henrik Ibsen im Martinipark gezeigt. Die Musik von Eva Gold und Girisha Fernando war als Verstärkung der Schauspieler gedacht, als zweite Ebene. Für die Augsburgerin war es ein Herzensprojekt, das sie ein Jahr begleitete. Dort hat sie die große Bühne kennen- und lieben gelernt, ein für sie tiefgründiger Spielplatz.
Im Verlauf ihres musikalischen Wirkens ist sie schon in so viele Rollen geschlüpft und hat viele Spielflächen bespielt. In der Schule war sie auf Sinéad O’Connors „Nothing Compares 2 U“abonniert. Später sang sie in der Augsburger Rockband „Ardeth Bay“und „Blänk“, deren Musik an Björk, Portishead und Massive Attack erinnert. „Diese Zusammenarbeit war sehr symbiotisch. Im Proberaum lief es wie ein Uhrwerk“, erinnert sie sich. Die Band nahm ein Album auf, danach trennten sich die Wege.
Für Eva Gold gab es immer wieder neue Optionen. Mit Girisha Fernando interpretierte sie 2009 für das damalige Brechtfestival vier, fünf Brechtsongs. Das kam so gut an, dass sie weitermachten – bis heute. Ihre Band „Misuk“ist beliebt, sie gehört zum festen Repertoire eines jeden Brechtfestivals, tritt aber auch in anderen Städten auf oder setzt ein Statement wie bei „Zeig Dich Aux“auf dem Augsburger Rathausplatz, als in der Messe die AfD ihren Bundesparteitag abhielt.
Eva Gold nahm an Coverabenden teil, an Songslams, sie sang Baal im Alten Stadtbad oder gab die laszive Lulu im „Nuttenbus von der A8“, eine ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte von Bluespot Productions. In den vergangenen Jahren arbeitete sie immer wieder als Sprecherin, setzte ihre Stimme in Radiospots und Imagefilmen ein und merkte, dass das zwar Spaß macht, ihr aber etwas fehlt: echte Handarbeit.
Heute arbeitet sie wieder in ihrem Lehrberuf. Die Arbeit an einem Altbau erfüllt die Stuckateurin. „Das tut mir so gut. Ich fühle mich wohl auf der Baustelle.“Eva Gold hat gelernt, in sich hineinzuhören, liebevoll für sich zu sorgen. Was tut ihr gut? Was ist ihr wichtig? Zweifelsohne die Musik, die sie nun schon mehr als ihr halbes Leben begleitet und die sie sich autodidaktisch erarbeitet hat. Für sie ist das ihr Lebensinhalt, Balsam auf der Seele. Das Engagement bei Peer Gynt war wie eine Offenbarung. In diesem Bereich will sie weitermachen. „Der klassische Gesang hatte so viel Wucht. Er hat so eine Energie entwickelt, dass der ganze Körper involviert war. Das will ich weiter ausbauen.“
Zunächst veröffentlicht sie aber ihr Album, das eine Reise durch die vergangenen zehn Jahre spiegelt. „Kunterbunt“ist es, abwechslungsreich, mal Elektro, Chanson, Gitarre und mal Klavier. Es ist bewusst nicht angepasst. „Ich will echt bleiben. Es soll authentisch sein“, betont Eva Gold, die das Album unter dem Namen LØVE veröffentlicht. „Die Musik ist meine Spielwiese. Ich will meine Narrenfreiheit bewahren“, erklärt sie diesen Schritt. In Augsburg tritt sie freilich unter ihrem Namen Eva Gold auf. Jetzt, wo die Last des ersten Solo-Albums einmal abgefallen ist, macht sie sich schon Gedanken über das zweite. „Das wird auf jeden Fall ein Chanson-Album.“