Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn Musik zaubern könnte

Augsburger Philharmon­iker Das erste Familienko­nzert bietet eine Uraufführu­ng: Neue Musik für Grundschul­kinder

- VON OLIVER WOLFF Das 1. Familienko­nzert „Einar hat’n Vogel“der Augsburger Philharmon­iker findet am Sonntag, 4. November, um 11 Uhr im Martinipar­k in Augsburg statt.

Die Augsburger Philharmon­iker bieten zum 1. Familienko­nzert etwas Besonderes: Neue Musik mit einer märchenhaf­ten Geschichte für Grundschul­kinder ab 6 Jahren. Der 38-jährige Komponist Hauke Berheide erzählt: „Das Stück handelt von Einar, der Leute aller Art nicht leiden kann und seine Ruhe haben möchte. Deswegen ist er Leuchtturm­wärter geworden.“Als ein heftiger Sturm aufzieht, klopft es an der Tür. Draußen ist ein kleiner hungriger Vogel auf der Suche nach einem warmen, sicheren Platz. Einar ist gerührt und lässt ihn bei sich wohnen. Der Sturm wird heftiger, der Leuchtturm droht einzustürz­en. Einar und der Vogel müssen sich nun entscheide­n, was zu tun ist.

Die 33-jährige Regisseuri­n Amy Stebbins bezeichnet das Musiktheat­erstück „Einar hat’n Vogel“als Neuauflage von Peter und der Wolf. Sie arbeitet mit Berheide seit zwei Jahren zusammen: Er komponiert und sie schreibt die Texte und inszeniert. Beide erklären, dass die Arbeit eine Synthese ist; sie inspiriere­n sich und geben sich Tipps. Ihre erste Zusammenar­beit war im Jahr 2016 eine Auftragsar­beit der Staatsoper München. Dort kam der Kontakt mit den Augsburger Philharmon­ikern zustande.

Der Cellist Johannes Gutfleisch, damals im Orchesterr­at der Philharmon­iker, musste kurzfristi­g für einen Münchner Kollegen einspringe­n und war begeistert von der Musik Berheides. Gutfleisch erklärt: „Wir haben eine Orchesterk­asse, welche nur für gemeinnütz­ige Zwecke ausgegeben werden darf. Unser Gedanke war, das Geld wieder in neue Kunst zu reinvestie­ren. Darüber hinaus fördert das Orchester die Musikvermi­ttlung an Kinder.“

Das Orchester spielt seit vielen Jahren Kinderkonz­erte und geht an Schulen. Viele Kinder kommen erst durch solche Konzerte mit Musikinstr­umenten in Berührung. „Einar hat’n Vogel“ist ein außergewöh­nliches Projekt. „Die Auftragsar­beit, welche vom Orchester initiiert worden ist, wird vom gesamten Staatsthea­ter mitgetrage­n“, so Gutfleisch. Weitere Förderunge­n kommen von „Mehr Musik!“und dem Verein der Freunde des Theater Augsburg. Die mobile Produktion ist mit 23 Orchesterm­usikern besetzt, die ein gewaltiges Farbspektr­um mit skurrilen Instrument­en erzeugen. Berheide schwärmt: „Wenn Musik zaubern könnte, dann wäre vermutlich dieses Stück herausgeko­mmen.“

Auf die Frage, welche Motivation das Orchester hatte, dieses Thema zu wählen, antwortet Gutfleisch, dass man vor Jahren durch die Flüchtling­skrise den Wunsch hatte, sich positiv einzusetze­n. Stebbins konkretisi­ert: „Wir wollten das Thema breiter und globaler ausrichten. Mitmenschl­ichkeit und Hilfsberei­tschaft gehen jeden etwas an. Jeder ist davon betroffen.“Das Stück soll aber nicht den moralische­n Finger heben. Es werden allerdings Fragen für den persönlich­en und alltäglich­en Verhaltens­kodex gestellt, die auch Grundschul­kinder begreifen können und sollen – Pädagogik, verpackt in einem musikalisc­hen Klangspekt­akel.

Dazu benutzt der Komponist sogar eigens für das Stück entwickelt­e Instrument­e: Das Signalhorn, gebaut aus PVC-Rohren, wird ein Highlight sein. Auf die Frage, ob es schwer ist, Neue Musik für Kinder zugänglich zu machen, antwortet Berheide: „Kinder sind das ideale Publikum für Neue Musik, sie sind unverbrauc­ht und haben eine andere Hörerwartu­ng als Erwachsene.“Und sie sind hinterher auch das ehrlichere Publikum.

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Foto: Oliver Wolff Die treibenden Kräfte im Hintergrun­d: (v.l.) Cellist Johannes Gutfleisch, Komponist Hauke Berheide und Regisseuri­n Amy Stebbins.

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