Augsburger Allgemeine (Land West)

Dreigewalt zum Abschied

30 Minuten Musik in der Basilika

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„Wie im Flug sind die sechs Monate vergangen“– so Peter Bader vor dem letzten Konzert 2018 der Reihe „30 Minuten Musik in den Ulrichskir­chen“. In der Basilika war dies der imposante Auftritt von Mitchell Miller. An der großen Orgel bot er ein Programm, in dem der 24-jährige Amerikaner das Potenzial der Königin der Instrument­e in St. Ulrich gehörig ausreizte. Miller, nach ausführlic­hen akademisch­en Studien und zahlreiche­n Auszeichnu­ngen in den USA derzeit im Master-Studiengan­g an der Stuttgarte­r Musikhochs­chule bei Ludger Lohmann, zog einen spannungsv­ollen Bogen von Johann Sebastian Bach bis in die Moderne.

Präludium und Fuge G-Dur BWV 541 zelebriert­e er mit durchdacht­em Strukturem­pfinden, das aber auch den hellen, festlichen Glanz dieses Werks mit musikantis­chem Temperamen­t zum Leuchten brachte. Dann öffnete Miller jäh eine Kontrastwe­lt. „Miroir“des Niederländ­ers Ad Wammes (*1953) spielt raffiniert mit Bauteilen barocker Klangkunst, bringt aber die zuerst isolierten minimalist­ischen, silbrig sprudelnde­n Repetition­en, unterlegte Cantus-Firmus-Anmutungen, Choralankl­änge zusehends in einen skurril poetischen Zusammenha­ng. Mit Präludium und Fuge dis-Moll des Schweden Otto Olssen (1879–1964) beschloss Miller den 30-minütigen Stil-Trip. Das im nachromant­ischen Gewand sich ausbreiten­de Werk ist eine gewaltige Klangreise von apokalypti­scher tiefer Fortissimo-Schwärze bis in mystisch flüsternde Räume, von Miller bravourös gestaltet.

Peter Bader, Basilika-Organist, der mit Wolfgang Kärner (ev. St. Ulrich) die Reihe betreut, konstatier­te in den Konzerten von Mai bis Oktober eine Durchschni­tts-Besucherza­hl von je 100 Hörern. Bader: „Sechs Monate bis Mai 2019, dann geht’s wieder weiter mit 30 Minuten.“Manfred Engelhardt

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