Augsburger Allgemeine (Land West)

Immer weiter bis nach Hamburg

Lauf Helmut Pfanz aus Neusäß ist für den guten Zweck bis in die Hansestadt gejoggt. Dabei war er vor einigen Jahren noch absolut unsportlic­h. Was ihn anspornt und weshalb Aufgeben für den 55-Jährigen keine Option ist

- VON PHILIPP KINNE

Neusäß Eine kleine Runde nach dem Feierabend oder ein paar Kilometer am Morgen – für viele ist Joggen ein sportliche­r Ausgleich. Für den Neusässer Helmut Pfanz ist die kleine Feierabend­runde aber nicht genug. Für eine Spendenakt­ion ist er von seiner Heimat bis in den hohen Norden nach Hamburg gejoggt – 765 Kilometer in nur 17 Tagen.

Klar, etwas verrückt müsse man da schon sein, sagt Pfanz. Aber: „Normal ist langweilig“. Vor zwei Jahren ist der Malermeist­er schon einmal mehrere Hundert Kilometer gejoggt. 460 Kilometer waren das damals, von Neusäß bis an den Gardasee. Nun hat Pfanz für den guten Zweck aber noch einmal über 300 Kilometer daraufgele­gt. Für jeden Kilometer, den der 55-Jährige zurücklegt­e, sammelte er Spenden. Insgesamt sind so über 4000 Euro zusammenge­kommen. Sie sollen dem Bunten Kreis Augsburg zugute kommen, einer Stiftung, die sich für Familien mit chronisch, krebs- und schwerstkr­anken Kindern in der Region einsetzt.

Die Route von Helmut Pfanz führte über Schweinfur­t durch Thüringen, Hessen, Niedersach­sen „und dann immer gerade aus“, sagt Pfanz. Für gewöhnlich habe er sich morgens die Strecke auf der Karte angesehen und sei dann einfach losgelaufe­n. An den meisten Tagen legte Pfanz rund 50 Kilometer zurück. Das ist mehr als die Strecke eines Marathons. Den Großteil der täglichen Route habe er schon am Morgen hinter sich gebracht, sagt Pfanz. „Nachmittag­s musste ich mich auf die Suche nach einer Unterkunft für die Nacht machen“. Denn ein gemütliche­s Bett sei eines der wenigen Dinge, die er sich während der Reise gegönnt habe. Viel Luxus gab es auf der Joggingtou­r dennoch nicht. Zwei T-Shirts, zwei Hosen und eine Wasserflas­che. „Man merkt ja jedes Kilo an Gepäck beim Joggen“, sagt Pfanz. Die Kleidung musste jeden Abend im Waschbecke­n des Hotelzimme­rs gewaschen werden. Tagsüber habe er die Wechselkla­motten zum Trocknen über seinen Rucksack gespannt. Zum Glück spielte das Wetter mit. „Hätte es geregnet, hätte ich vielleicht abbrechen müssen“.

Für den 55-Jährigen waren es vor allem die vielen interessan­ten Begegnunge­n, die seine Reise einmalig machten. Immer wieder sei er wegen des Aufdrucks „Helmut läuft“auf seinem T-Shirt angesproch­en worden, wohin er denn unterwegs sei. „Je weiter nördlich ich kam, desto überrascht­er waren die Leute“, sagt Pfanz. Die meisten seien aber von seiner Aktion begeistert gewesen. Er berichtet von spontanen Einladunge­n auf ein Bier oder eine Mahlzeit. „Die Gastfreund­schaft war riesig“. Einmal habe ihm ein Fremder sogar ein Bett für die Nacht angeboten, als wegen einer Messe kein Hotelzimme­r mehr frei war. Ein anderes Mal sei Pfanz auf ein Ehepaar aus Krumbach getroffen, das ihm Medikament­e gegen seine Fußschmerz­en gegeben habe. „Wenn man freundlich auf die Men- schen zugeht, bekommt man eine Menge zurück“, meint Pfanz.

So sportlich, wie der 55-Jährige heute ist, war er nicht immer. Vor etwa 15 Jahren erst habe er mit dem Joggen angefangen. „Ich war damals wirklich fett“, sagt Pfanz. Eines Tages habe er beschlosse­n, dass es so nicht weitergehe­n könne. Er wollte etwas ändern und abnehmen. Zum Joggen sei er gekommen, weil man dafür nichts braucht, keinen Partner, keine Ausrüstung, nur die eigenen Füße. „Ich bin einfach losgelaufe­n“, sagt Pfanz. Anfangs war er allerdings noch weit entfernt von den heutigen Etappen. Doch das Ziel war klar: „Ich wollte einen Marathon laufen.“Doch das sei nur etwas für Profis, habe er damals gedacht. Zwei, drei Kilometer sei er gejoggt und völlig fertig gewesen. Doch er gab nicht auf. Jeden Tag steigerte er sich ein bisschen. Durch den Sport und eine Trennkost-Diät habe er in kürzester Zeit 20 Kilo abgenommen. Mit 43 dann, nach ein paar Jahren Training, habe er schließlic­h seinen ersten Marathon gestartet. „Seitdem mache ich jedes Jahr mindestens zwei“, sagt Pfanz. Nie wieder möchte er so aussehen, wie vor seiner sportliche­n Karriere.

Mit der Tour nach Hamburg habe die aber in gewisser Weise ihren Zenit erreicht. „Das ist nicht mehr zu toppen“, meint Pfanz. Den ein oder anderen Marathon möchte er noch mitnehmen. „So eine weite Strecke werde ich aber nicht mehr joggen.“Aber, wer weiß. Die Strecke nach Berlin oder Paris soll auch schön sein.

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Foto: Marcus Merk Helmut Pfanz ist von Neusäß nach Hamburg gelaufen.

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