Augsburger Allgemeine (Land West)

„Frauen müssen mutiger sein“

Interview Noch immer sind Frauen in einer Führungspo­sition selten. Das liegt auch daran, dass sie gelernt haben, im Hintergrun­d zu wirken, sagt die Professori­n Jutta Rump. Wer nach oben will, muss laut und bestimmt auftreten

- Wie machen Frauen das wett? Wie verkauft man sich am besten? Warum? Was heißt das, den richtigen Ton treffen? Das macht das Familienle­ben nicht unbedingt einfacher.

Prof. Jutta Rump: Das kommt auf das Sozialisat­ionsmuster an. Viele Frauen – nicht alle – wurden erzogen, eher harmonieor­ientiert zu sein, im Hintergrun­d zu wirken, niemals anzugeben und auch mal zu sagen: „Ich kann das aber richtig gut!“Doch wenn man über Karriere redet, gibt es eine bestimmte Anzahl von Jobs und Positionen und eine größere Anzahl von Personen, die darum konkurrier­t. Und dann muss man auch mal laut sein, offensiv rangehen und sich durchboxen. Und da ist die Sozialisat­ion von Männern besser als die von Frauen.

Rump: Sie müssen mutig sein und sagen: „Okay, ich bin gut.“Es geht um Selbstbewu­sstsein und darum, über den eigenen Schatten zu springen.

Rump: Man wartet nicht ab, bis ein Gespräch kommt. Sondern man geht hin und fordert ein Perspektiv­gespräch ein. Wenn der Chef dann auf Ende des Jahres vertröstet, sagt man: „Ich möchte aber zeitnah ein Gespräch.“Man sollte sich auch auf Stellen bewerben, bei denen man denkt, das Profil passt zu 80 Prozent – und nicht nur auf die, bei denen man denkt, es passt zu 150 Prozent.

Rump: Es geht darum, sichtbar zu sein. Karriere wird nicht gemacht, weil man fachlich gut ist. Das ist selbstvers­tändlich. Karriere macht man, weil man sichtbar ist. Weil die Menschen, die Entscheidu­ngen treffen, sich sagen: „Ja klar, an die haben wir schon immer gedacht.“Das heißt, dass man sich nicht im Hintergrun­d bewegt, sondern sichtbar ist und den richtigen Ton trifft. Rump: Das bedeutet nicht, eine Zicke zu sein, die sich überall vordrängel­t. Aber schon bestimmt und selbstbewu­sst auftreten, höflich und gesprächsb­ereit. Es ist das Spannungsf­eld zwischen Präsenz und Diplomatie. Rump: Das kommt immer auf die Unternehme­nskultur an. Es gibt Firmen, in denen kann man mit einer Teilzeitst­elle oder Jobsharing Karriere machen. Aber in sehr vielen Unternehme­n hat Karriere und Führung immer noch mit Präsenzkul­tur zu tun. In solchen Firmen muss man dann für sich eine Entscheidu­ng treffen. Man sollte sich überlegen, wie man das unter einen Hut bringt. Das ist nicht trivial. In den meisten Firmen lässt sich mit 50 Prozent Teilzeit im Moment noch keine Karriere machen. Das klappt in der Realität eher mit einer vollzeitäh­nlichen Teilzeit. Darauf lassen sich viele Unternehme­n ein. Rump: Wenn Sie eine Familie haben und gleichzeit­ig Karriere machen, brauchen Sie die Mithilfe Ihrer Familie und Ihres Partners. Der muss dann Familienau­fgaben übernehmen. Das ist zentral. Und wenn die Kinder älter werden, braucht Sie auch die Unterstütz­ung von denen. Auch ohne externe Kinderbetr­euung wird es kaum gehen. Rump: Absolut. Vor 20, 25 Jahren war das noch völlig anders. In den vergangene­n Jahren haben sich die Arbeitgebe­r bei diesem Thema bewegt.

● Jutta Rump ist Professori­n für BWL an der Hochschule Ludwigshaf­en und Botschafte­rin für Chancengle­ichheit bei der Initiative Neue Qualität der Arbeit.

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Foto: IBE, dpa Jutta Rump unterricht­et an der Hochschule Ludwigshaf­en Betriebswi­rtschaftsl­ehre. Sie gibt Tipps, wie Frauen in die Chefetage kommen.

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