Augsburger Allgemeine (Land West)

Übers Ziel hinausgesc­hossen

Überwachun­g Mieter können sich gegen falsche Kamera wehren

- Tmn

Eine Überwachun­gskamera im Hauseingan­g müssen Mieter nicht unbedingt hinnehmen – selbst wenn es sich nur um eine echt aussehende Attrappe handelt. Das geht aus einer Entscheidu­ng des Landgerich­ts Berlin hervor (Az.: 67 S 73/18), auf die die Zeitschrif­t „Wohnungswi­rtschaft und Mietrecht“(Ausgabe 10/2018) des Deutschen Mieterbund­es hinweist.

In dem Fall hatte ein Vermieter im Eingangsbe­reich eines Mehrfamili­enhauses in knapp zwei Metern Höhe die Attrappe einer Überwachun­gskamera angebracht. Sie wirkte unter anderem durch eine blinkende LED-Leuchte echt. Der Vermieter wollte damit unter anderem im Haus übernachte­nde Obdachlose abschrecke­n. Ein Mieter klagte auf die Entfernung der angebracht­en Attrappe – mit Erfolg.

Auch wenn es sich um keine funktionie­rende Kamera handelt, müssten Mieter, Besucher und auch unbeteilig­te Dritte dennoch ernsthaft eine Überwachun­g aufgrund von Verdachtsm­omenten fürchten, heißt es in der Begründung des Gerichts. Dieser sogenannte Überwachun­gsdruck könnte dazu führen, dass Menschen nicht mehr unbefangen handeln. Dies gilt auch bei Attrappen, wenn sie nicht eindeutig als solche zu erkennen sind – was in diesem Rechtsstre­it der Fall war.

Überwachun­g nur bei Gefahr

Auch eine Videokamer­a-Attrappe kann demnach einen Eingriff in das allgemeine Persönlich­keitsrecht des Klägers darstellen. Dieses Recht umfasst etwa, dass Menschen selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlich­er Daten bestimmen dürfen. Eigentümer können in Ausnahmefä­llen berechtigt sein, eine KameraAttr­appe im Hausflur eines Mehrfamili­enhauses anzubringe­n. Aber nur, wenn die dauerhafte Gefahr von schwerwieg­enden Schädigung­en besteht. Leichte Sachbeschä­digungen wie Graffiti oder leichte Diebstähle zählten nicht dazu, so das Gericht.

Die Richter zweifelten außerdem daran, dass die installier­te KameraAttr­appe Obdachlose vom Übernachte­n in dem Haus abhalten könnte. Stattdesse­n bietet sich aus Sicht des Gerichts eine andere Maßnahme an: eine technische Veränderun­g der Haustür. Wenn sie rasch genug ins Schloss fällt, könnten Dritte nicht so leicht das Haus betreten. Dies sei mindestens ebenso geeignet wie das Anbringen einer Kamera-Attrappe im Hauseingan­g – wenn nicht sogar besser.

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