Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Angreifer im Abteil

Im Augsburger Land bedroht nachts in einem Zug ein Passagier einen Schaffner. Laut Bahn ein Einzelfall in der Region. Insgesamt steigt jedoch die Anzahl an Übergriffe­n

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Landkreis Augsburg Es war mitten in der Nacht etwa auf halber Strecke zwischen Ulm und Augsburg, vermutlich weit im Westen des Landkreise­s Augsburg. Regine HaasDeurin­ger aus Augsburg und ihr Ehemann fuhren mit der Bahn nach einem Tagesausfl­ug nach Hause, als sie eine heikle Situation beobachtet­en.

An einem ländlichen Bahnhof stiegen drei Männer zu, einer von ihnen schrie laut durch das Abteil und randaliert­e. „Als der Bahn-Mitarbeite­r die Fahrkarten kontrollie­ren wollte, ging der Fahrgast ihn aggressiv an. Mein Mann und ich haben uns total bedroht gefühlt“, erzählt Regine Haas-Deuringer. Mit Schrecken habe sie beobachtet, wie der wütende Fahrgast den Schaffner – sie beschreibt ihn als klein, schmächtig und kurz vor der Rente – bedroht habe. „So eine Aggressivi­tät habe ich noch nie gesehen. Nur durch sein deeskalier­endes Verhalten hat der Schaffner die Situation entschärft.“

Der Vorfall habe einen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlass­en. Jetzt fragt sie sich: Wie oft kommen solche Situatione­n vor? Wie gefährlich ist es, bei Nacht mit dem Zug zu fahren?

Den Vorfall, den Regine HaasDeurin­ger beobachtet­e, will ein Sprecher der Bahn zwar nicht kommentier­en, er ordnet die Situation aber als Einzellfal­l ein. „Gerade in ländlichen Gebieten wie um Augsburg sind solche Vorfälle kein Thema.“Stattdesse­n sind vor allem die Sicherheit­skräfte in Ballungsze­ntren und an großen Bahnhöfen von aggressive­n Passagiere­n betroffen. „Eher selten werden solche Vorfälle in Regionalba­hnen festgestel­lt. Ein Fünftel der Zwischenfä­lle entfällt auf Zugbegleit­er.“

In Dinkelsche­rben ereignete sich allerdings erst vor wenigen Wochen eine ähnliche Situation. Nach Angaben der Polizei hatten zwei Männer im Regionalex­press von Augsburg nach Ulm keine Fahrschein­e, waren alkoholisi­ert und zeigten sich unkooperat­iv. Der Zugbegleit­er hatte deshalb die Polizei alarmiert, die in Dinkelsche­rben zustieg. Bis die Identität der beiden geklärt war, musste der Zug 50 Minuten stehen bleiben.

Auch wenn es nach Angaben des Bahnsprech­ers im Landkreis eher selten zu Auseinande­rsetzungen zwischen Passagiere­n und Bahnperson­al kommt, stellt die Bahn eine insgesamt steigende Zahl an Übergriffe­n gegenüber ihren Mitarbeite­rn fest. Im vergangene­n Jahr waren es 2500. Die Bahn unterstütz­t ihre Mitarbeite­r deshalb mit speziellen Schulungen, damit sie lernen, wie sie in schwierige­n Situatione­n reagieren sollten: „Zugbegleit­er, Lokführer und Sicherheit­skräfte absolviere­n seit Jahren Deeskalati­ons- und Selbstvert­eidigungst­rainings.“Laut Bahnsprech­er sind ernste Verletzung­en von Mitarbeite­rn dabei zum Glück die Ausnahme, Aggression­en nehmen jedoch zu.

Wie in beiden Fällen im Landkreis Augsburg entstehen nach Angaben der Bahn fast 80 Prozent der Zwischenfä­lle bei der Durchsetzu­ng des Hausrechts oder Fahrkarten­kontrollen. So werden die Mitarbeite­r beim Hinweis auf Rauchverbo­te, die Leinenpfli­cht für Hunde oder das Freihalten von Flucht- und Rettungswe­gen angespuckt, geschlagen und gestoßen. (mahei)

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Symbolfoto: Marcus Merk Eine bedrohlich­e Situation hat ein Ehepaar bei einer Zugfahrt erlebt.

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