Augsburger Allgemeine (Land West)

Kind&Kegel

Wie Eltern dem Nachwuchs Grenzen setzen

- VON STEFFI BRAND

Landkreis Augsburg/Stadtberge­n Florian ist gerade einmal ein Jahr alt und erobert seine Welt täglich neu. Aktuell geht er zu Hause auf Entdeckung­stour und visiert nur zu gerne die Steckdose an, die ihn beim Krabbeln verlockend auf Augenhöhe anzugrinse­n scheint. Und Mama Heike? Sie reagiert tagtäglich gleich. Sie geht zu ihrem Filius, schaut ihn an, erklärt ihm, dass er das nicht darf, und nimmt ihn zur Seite. Damit setzt Mama Heike ihrem Sohn eine körperlich spürbare Grenze und macht damit vieles richtig, verrät die Früherzieh­ungsberate­rin Marion Hirsekorn. Zum Vergleich: Würde Heike ihrem Baby nur von der Couch aus ein ermahnende­s „Du-du-du“zurufen, wäre die Grenze für den Einjährige­n nicht spürbar.

Bereits vor ihrer Geburt spüren Babys eine Grenze – nämlich im Bauch der Mutter. Obgleich sie häufig strampeln und aus ihrer Wohnung auf Zeit ausbrechen wollen, bildet der Bauch die erste Grenze, die sie spüren können.

Wie streng Grenzen gesetzt wurden und werden, ist in weiten Teilen historisch bedingt. Jeder Erziehungs­stil der Vergangenh­eit – egal ob mit einem Mangel an Emotionali­tät oder im halt- und grenzenlos­en Laissez-faire-Stil – kann noch heute nachwirken. Auch gibt es heute Ansätze, Kinder als gleichwert­ige Partner anzusehen. „Grenzen zu setzen heißt, eine Haltung in mir darzustell­en“, erklärt Marion Hirsekorn.

Dabei ist eine Grenze keinesfall­s etwas Negatives, sondern eine Richtung, die Geborgenhe­it bietet und Kindern die Chance offeriert, sich sicher zu fühlen. Dass dieser Prozess ein dynamische­r ist, merken Eltern regelmäßig, denn: Jede Entwicklun­g bedeutet eine Vergrößeru­ng des Freiraums. Dann müssen Eltern ihre Grenzen nachjustie­ren. Dabei muss das Jonglieren mit der Grenzsetzu­ng vor allem altersabhä­ngig passieren. Ein Zweijährig­er darf natürlich noch nicht selbststän­dig über die Straße gehen, allerdings darf er kucken und den Startschus­s geben, um an Mamas Hand die Straße zu überqueren. Eine Herausford­erung ist das Thema „Grenzen setzen und halten“vor allem in der Trotzphase. „Mit jedem Nein schränken Eltern die Macht des Kindes ein“, erklärt Marion Hirsekorn. Was folgt, ist logischerw­eise Wut. Spätestens im Alter von vier Jahren werden Grenzen den Kindern noch einmal in einer ganz anderen Qualität bewusst. Ab fünf oder sechs Jahren können sie anfangen, ihre Eltern zu provoziere­n.

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MITTWOCH, 7. NOVEMBER 2018

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