Augsburger Allgemeine (Land West)
Heiliger Bimbam!
Ruhig, eine nach Heu duftende Idylle voller Stille, so stellt sich mancher Städter das Landleben vor. Kein nervenaufreibender Verkehr mehr, keine lärmenden Menschen. Alles ruht in sich, man selbst auch.
Und dann werden diese Menschen, die Zuagroasten, mit der brutalen Wirklichkeit konfrontiert, wenn sie ihren Wohnsitz tatsächlich aufs Land verlegen. Da gibt es doch tatsächlich noch Kirchen, deren tonnenschwere Glocken mindestens zu jeder vollen Stunde beweisen, was sie musikalisch so drauf haben. Oder quicklebendige Kühe, die etwas kleinere, aber ebenfalls klangvolle Glocken um den Hals tragen. Heiliger Bimbam!
Letzteres ist einem Ehepaar im bayerischen Oberland ein Ärgernis. Seit drei Jahren streiten der Rinderweidenanrainer und seine Frau mit einer örtlichen Bäuerin. Von wegen Idylle. Das Gebimmel der Kühe würde ihnen den letzten Nerv rauben, behaupten die Kläger und zogen vor Gericht. Einig ist man sich bis heute nicht geworden.
Tatsache ist: Der Streit ist bereits jetzt in die Geschichte der skurrilsten Prozesse der Republik eingegangen. Allein bei Google findet man dazu 26 000 Einträge. Kein Wunder. Es geht ums große Ganze, um Existenzbedrohliches, ja um alles. Denn es geht neben dem Gebimmel auch um den Wertverlust der betreffenden Immobilie, um Gestank und um Gesundheitsgefahr durch Weidestechfliegen. Außerdem seien die Glocken Tierquälerei, meint das Ehepaar. Selbst präsentierte man einen modernen Lösungsvorschlag, die Idee, Kühe mit GPS-Sendern auszustatten. So wie im österreichischen Bregenz, wo Rindviecher solche Sender tragen, sodass der Bauer stets im Bilde ist, wo sich seine Tiere befinden.
Vielleicht sollte man die Rindviecher aber auch einfach komplett digitalisieren. Runter von der Weide, rein in die Cloud. Wenn die Glocken läuten, einfach den Ton leiser drehen. Und die Milch kann jeder online herunterladen.