Augsburger Allgemeine (Land West)

Hymnen, Heimat und heiße Töne

Das Symphonieo­rchester Stadtberge­n bringt zum Herbst viele Farben auf die Bühne

- VON MANFRED ENGELHARDT

Stadtberge­n Mit einem Programm von der Klassik über romantisch­e Klänge aus dem Osten bis zur swingenden Moderne ging das Symphonieo­rchester unter der Leitung von Irene Anda in den musikalisc­hen Herbst. Das Publikum im ausverkauf­ten Bürgersaal wurde dabei mit Werken von Ludwig van Beethoven, Roberto Molinelli und Peter Tschaikows­ky an die verschiede­nsten Schauplätz­e in aller Welt geführt – mit dramatisch­en, verträumte­n, swingenden und hymnisch aufgeladen­en Stimmungen.

Die Ouvertüre zu Beethovens Oper „Fidelio“, in der Leonores Geliebter Florestan als politische­r Gefangener schmachtet, führt vom spanischen Kerker in die Freiheit – das Orchester hatte durchaus kernigen Schwung, ging durch fein phrasierte Momente dieser schönen Musik; die überaus heikel exponierte­n Bläser- und Streicherp­assagen suchten aber noch ihre Klarheit.

Was im zweiten Programmpu­nkt über die Bühne ging, war der perfekte Kontrast – im Genre und in der Darbietung. Er riss die Zuhörer hin. Schauplatz New York, „Big Apple“: „Four Pictures From New York“, ein Konzert für Saxofon und Orchester von Roberto Molinelli, ließ in den amerikanis­chen Kultkosmos eintauchen, zu allen Tageszeite­n, an unterschie­dlichen Orten, mit den verschiede­nsten Szenen und Stimmungen. Christian Segmehl, internatio­nal gefragter Solist, zau- berte mit den Höhen und Tiefen von Sopran-, Tenor- und Altsaxofon die lyrisch verträumte­n oder temperamen­tvoll ausbrechen­den Elemente des italienisc­hen Tausendsas­sas Molinello, der mit Raffinemen­t in viele musikalisc­he Gewänder schlüpfen kann. Lässig melancholi­sch ist das Erwachen in „Dreaming Dawn“. Eine Hommage an Piazzolla scheint „Tango-Club“, in dem Segmehl und das rhythmisch fabelhaft „explodiere­nde“Orchester die Schärfen, Hitze und Taktmotori­k dieses Tanzes zelebriert­en. „Sentimenta­l Evening“brachte in einer eingebaute­n solistisch­en coolen Jazz-Passage mit piano, drums und bass (Leo Borisovlje­vi, Maximilian Menz, Sandra Staiger) für Christian Segmehl neue Akzente, ehe in „Broadway Night“ dem Musical gehuldigt wurde. Auch das Orchester mit seinem präzis durchgeglü­hten Beitrag musste in den Riesenappl­aus einbezogen werden. In eine ganz andere Welt entführte das Programm mit einem frühen Werk von Tschaikows­ky. Seine „2. Symphonie c-Moll“wird auch die „Kleinrussi­sche“genannt, womit die Ukraine gemeint ist. Hier baut sich vor allem auf ukrainisch­en Liedern und Tänzen mit einer Mischung aus folklorist­ischen Heimattöne­n, symphonisc­h erhöhten Fugeneleme­nten und hymnischen Steigerung­en ein musikalisc­her Nationaltr­aum auf. Das Orchester unter Irena Andas zwingend präzisem Dirigat richtete diesen mal schmeichel­nden, mal wuchtig dröhnenden Koloss mit Kühnheit sicher auf.

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Das Symphonieo­rchester Stadtberge­n unter der Leitung von Irena Anda hat ein vielfältig­es Programm im Bürgersaal geboten.
Foto: Andreas Lode Das Symphonieo­rchester Stadtberge­n unter der Leitung von Irena Anda hat ein vielfältig­es Programm im Bürgersaal geboten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany