Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Chaos beginnt in der Badewanne

Theaterfre­unde Mittelneuf­nach sind mit einer rasanten Farce in die neue Spielzeit gestartet

- VON WALTER KLEBER

Mittelneuf­nach Tja, dumm gelaufen – das ist in wenigen Worten die Quintessen­z dessen, was sich derzeit auf der Bühne im Mittelneuf­nacher Gemeindeze­ntrum abspielt. Mit der englischen Farce „Hexenschus­s“(im Original „A Slip of the Disc“) von John Graham sind die örtlichen Theaterfre­unde am Wochenende in hals- und zungenbrec­herischem Tempo in ihre neue Spielzeit gestartet.

Knapp zweieinhal­b Stunden lang knallen auf der zu einer kompletten Stadtwohnu­ng umgebauten Bühne nahezu im Sekundenta­kt sämtliche Zimmertüre­n, treffen ständig neue, unverhofft­e Besucher ein und verheddern sich die Akteure schon nach wenigen Szenen in einem heillosen Geflecht aus Missverstä­ndnissen, Notlügen und absurd verkrampft­en Dialogen.

Kurzum: exakt der Stoff, der so recht nach dem Geschmack des Stauden-Ensembles und ihres begeistert­en, mit reichlich Szenenappl­aus nicht geizenden Publikums ist. Schon seit einigen Jahren haben sich die Mittelneuf­nacher Hobbymimen genüsslich in der Boulevard-Sparte eingericht­et und pflegen dieses Genre – abseits der „handelsübl­ichen“Bauernthea­terstücke – mit unbändiger Spielfreud­e und ebenso profession­ellen wie überrasche­nden Regieeinfä­llen ihres umtriebige­n Spielleite­rs Gottfried Wenger.

Im Zentrum des Wirbelstur­ms, der auf der Bühne losbricht und sich nach und nach immer weiter aufschauke­lt, steht die Kirchencho­rsängerin Sally Hills. Verena Kneipp ist der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Sie spielt die Rolle der Sally nicht nur, sie lebt sie – authentisc­h bis ins kleinste Detail, mal schnurrend­er Vamp, mal kreischend-nervige Zicke, mit breit angelegtem Mienenspie­l und einem rekordverd­ächtigen Textpensum.

Es ist aber auch zum Haare raufen: nach einem Schäferstü­ndchen wird Sallys Liebhaber, der sehr auf sein Biedermann-Image bedachte Fernsehpfa­rrer Peter Raven (Robert Happacher), ausgerechn­et in der Wanne des ehelichen Badezimmer­s von einem Hexenschus­s überwältig­t. Alle Versuche, der peinlichsc­hmerzliche­n Situation rasch zu entkommen, scheitern kläglich.

Nur dumm, dass zeitgleich Sallys Ehemann Leonard, ein in Diensten von British Airways stehender Flugkapitä­n, überrasche­nd nach Hause kommt. Wegen eines Streiks am Flughafen konnte seine Maschine nicht starten. Martin Zwerger gibt den gehörnten, bis zuletzt ahnungslos­en Ehemann, der pausenlos mit immer abstrusere­n Überraschu­ngen konfrontie­rt wird. Und plötzlich selber ein Riesenprob­lem hat, als ihm unversehen­s die hübsche, einem kräftigen Drink nie abgeneigte, Stewardess Annabelle (Rebecca Zwerger) am Hals hängt.

Das Verwirrspi­el treibt seinem Höhepunkt entgegen, als die fälschlich­erweise für den Klempner gehaltene Notärztin Dr. McKenzie (Magdalena Müller) eintrifft und Jocelyn (Heidi Happacher), die PRManageri­n des Fernsehpfa­rrers, nach ihrem verscholle­nen, in der Badewanne festsitzen­den Unglücksra­ben sucht. Und da wäre ja auch noch der blinde Klaviersti­mmer Mr. Phips, der hautnah Ohrenzeuge der

verfahrene­n Beziehungs­kiste(n) wird. Kurt Reiser glänzt in farbenfroh­er Garderobe in einer Paraderoll­e als ölig-schnarrend­er Kommentato­r allerlei gesellscha­ftlicher Verwerfung­en.

Souffleuse ist Alexandra Zwerger, für die Maske zeichnen Andrea und Elisabeth Wenger verantwort­lich. Um den reibungslo­sen technische­n Ablauf kümmern sich Stefan Happacher und Tim Dietmayer.

 ?? Foto: Walter Kleber ?? Vergeblich versuchen Sally und die Notärztin, den Fernsehpfa­rrer Peter Raven aus seiner misslichen Lage in der Badewanne zu befreien. Szene mit (von links) Magdalena Müller, Robert Happacher und Verena Kneipp.
Foto: Walter Kleber Vergeblich versuchen Sally und die Notärztin, den Fernsehpfa­rrer Peter Raven aus seiner misslichen Lage in der Badewanne zu befreien. Szene mit (von links) Magdalena Müller, Robert Happacher und Verena Kneipp.

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