Augsburger Allgemeine (Land West)

Noch fließt der Sprit

Steigende Preise machen Kunden und Tankstelle­npächtern zu schaffen. Sitzt das Augsburger Land bald auf dem Trockenen?

- VON VERONIKA LINTNER

Landkreis Augsburg Mineralöli­ndustrie und Natur, große Firmen und kleine Pflanzen, sie haben momentan eines gemein: Sie hoffen auf den großen Regen. Der Wasserstan­d des Rheins sinkt tiefer und tiefer, die Schifffahr­t kommt streckenwe­ise zum Erliegen – und deshalb sitzt auch so manche Tankstelle auf dem Trockenen. Kraftstoff­lieferunge­n verzögern sich und die Preise steigen. Ende Oktober beschloss deshalb der Erdölbevor­ratungsver­band (EBV), nationale Ölreserven freizugebe­n. Ein Novum in der Geschichte des EBV. Doch im Augsburger Land herrscht großteils noch Ruhe und Gelassenhe­it.

An der Tankstelle bei der GlobusFili­ale in Königsbrun­n fließt der Sprit. „Wir spüren es gar nicht. Wir kriegen noch regelmäßig Kraftstoff“, sagt Marktleite­r Herbert Lachmayer. Eine Mineralölf­irma aus Ingolstadt liefert der Globus-Tankstelle etwa 25 000 Liter – jeden zweiten Tag. Diese Routine hat auch in den vergangene­n Wochen immer funktionie­rt. Doch was, wenn die Dürre am Zapfhahn auch Schwaben erreicht? „Es gibt keinen Plan B. Aber wir machen uns auch keine Sorgen“, sagt Lachmayer.

Etwa 70 000 Tonnen Benzin, 150000 Tonnen Dieselkraf­tstoff und rund 56000 Tonnen Kerosin – diese Mengen gibt der EBV von der Notreserve frei. Abgezapft wird der Stoff von Tanklagern in den Bundesländ­ern Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württember­g – und auch im bayerische­n Regierungs­bezirk Unterfrank­en. Günter Friedl, Vizepräsid­ent des bayerische­n Tankstelle­ngewerbes, saß drei Stunden auf dem Trockenen: Kurzzeitig gab es kein E10 und keinen Diesel mehr an seiner Tankstelle in München. „Seit 1991 bin ich in der Branche tätig und kann mich nicht erinnern, dass es seither schon einmal einen Mangel dieser Art gegeben hätte“, sagt er. Für ihn sind die niedrigen Wasserstän­de nicht der einzige Grund: Die Lage sei durch die Explosion in der Bayernoil-Raffinerie bei Vohburg verschärft worden. Mehr als zehn Millionen Tonnen Rohöl hat die Raffinerie bisher jährlich verarbeite­t – seit der Detonation vor zwei Monaten hat sie den Betrieb noch nicht wieder voll aufgenomme­n.

Ein weiterer Grund liegt laut Friedl an Straßen und Schienen: „Die Tanklaster und die Transporte der Bundesbahn stoßen mit ihren Ladungen an die Kapazitäts­grenze.“Für ihn steht fest: „Wir haben ein Transportp­roblem.“ Das Sonntagsfa­hrverbot für Lastwagen zu lockern, könnte Abhilfe schaffen und die Anlieferun­g sichern. Aber noch sieht Friedl dafür keinen Grund: „Es gibt keinen Notstand in der Region, nur partielle Versorgung­sprobleme.“Der Kraftstoff­mangel zeige dennoch Wirkung. „Es gibt derzeit immer mehr Kunden, die nur für zehn Euro tanken.“Und die Kunden verzichten bei hohen Spritkoste­n auf den Kauf von anderen Produkten im Tankstelle­nShop.

Stefan Langer betreibt eine Tankstelle in Neusäß. „Die Kunden klagen, dass sie nun 100 Euro für eine Tankfüllun­g zahlen müssen anstatt 70 Euro wie früher“, sagt Langer. Aber: „Wenn man fahren muss, hilft auch kein Jammern.“Einen Leerstand befürchtet er nicht, obwohl seine Tankstelle von Bayernoil beliefert wird. „Als es dort die Explosion gab, dachte ich mir schon: Jetzt könnte es knapp werden“, erinnert sich Langer. „Aber nicht einmal das haben wir hier gespürt.“

Erwin Joppich vom ADAC-Automobilc­lub Schwabmünc­hen kritisiert den Anstieg der Kraftstoff­preise: „Es gibt Firmen, die diese Lage ausnützen, um den Preis in die Höhe zu treiben. Unsere Abhängigke­it vom Kraftstoff ist dabei gewaltig.“

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