Augsburger Allgemeine (Land West)
Noch fließt der Sprit
Steigende Preise machen Kunden und Tankstellenpächtern zu schaffen. Sitzt das Augsburger Land bald auf dem Trockenen?
Landkreis Augsburg Mineralölindustrie und Natur, große Firmen und kleine Pflanzen, sie haben momentan eines gemein: Sie hoffen auf den großen Regen. Der Wasserstand des Rheins sinkt tiefer und tiefer, die Schifffahrt kommt streckenweise zum Erliegen – und deshalb sitzt auch so manche Tankstelle auf dem Trockenen. Kraftstofflieferungen verzögern sich und die Preise steigen. Ende Oktober beschloss deshalb der Erdölbevorratungsverband (EBV), nationale Ölreserven freizugeben. Ein Novum in der Geschichte des EBV. Doch im Augsburger Land herrscht großteils noch Ruhe und Gelassenheit.
An der Tankstelle bei der GlobusFiliale in Königsbrunn fließt der Sprit. „Wir spüren es gar nicht. Wir kriegen noch regelmäßig Kraftstoff“, sagt Marktleiter Herbert Lachmayer. Eine Mineralölfirma aus Ingolstadt liefert der Globus-Tankstelle etwa 25 000 Liter – jeden zweiten Tag. Diese Routine hat auch in den vergangenen Wochen immer funktioniert. Doch was, wenn die Dürre am Zapfhahn auch Schwaben erreicht? „Es gibt keinen Plan B. Aber wir machen uns auch keine Sorgen“, sagt Lachmayer.
Etwa 70 000 Tonnen Benzin, 150000 Tonnen Dieselkraftstoff und rund 56000 Tonnen Kerosin – diese Mengen gibt der EBV von der Notreserve frei. Abgezapft wird der Stoff von Tanklagern in den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg – und auch im bayerischen Regierungsbezirk Unterfranken. Günter Friedl, Vizepräsident des bayerischen Tankstellengewerbes, saß drei Stunden auf dem Trockenen: Kurzzeitig gab es kein E10 und keinen Diesel mehr an seiner Tankstelle in München. „Seit 1991 bin ich in der Branche tätig und kann mich nicht erinnern, dass es seither schon einmal einen Mangel dieser Art gegeben hätte“, sagt er. Für ihn sind die niedrigen Wasserstände nicht der einzige Grund: Die Lage sei durch die Explosion in der Bayernoil-Raffinerie bei Vohburg verschärft worden. Mehr als zehn Millionen Tonnen Rohöl hat die Raffinerie bisher jährlich verarbeitet – seit der Detonation vor zwei Monaten hat sie den Betrieb noch nicht wieder voll aufgenommen.
Ein weiterer Grund liegt laut Friedl an Straßen und Schienen: „Die Tanklaster und die Transporte der Bundesbahn stoßen mit ihren Ladungen an die Kapazitätsgrenze.“Für ihn steht fest: „Wir haben ein Transportproblem.“ Das Sonntagsfahrverbot für Lastwagen zu lockern, könnte Abhilfe schaffen und die Anlieferung sichern. Aber noch sieht Friedl dafür keinen Grund: „Es gibt keinen Notstand in der Region, nur partielle Versorgungsprobleme.“Der Kraftstoffmangel zeige dennoch Wirkung. „Es gibt derzeit immer mehr Kunden, die nur für zehn Euro tanken.“Und die Kunden verzichten bei hohen Spritkosten auf den Kauf von anderen Produkten im TankstellenShop.
Stefan Langer betreibt eine Tankstelle in Neusäß. „Die Kunden klagen, dass sie nun 100 Euro für eine Tankfüllung zahlen müssen anstatt 70 Euro wie früher“, sagt Langer. Aber: „Wenn man fahren muss, hilft auch kein Jammern.“Einen Leerstand befürchtet er nicht, obwohl seine Tankstelle von Bayernoil beliefert wird. „Als es dort die Explosion gab, dachte ich mir schon: Jetzt könnte es knapp werden“, erinnert sich Langer. „Aber nicht einmal das haben wir hier gespürt.“
Erwin Joppich vom ADAC-Automobilclub Schwabmünchen kritisiert den Anstieg der Kraftstoffpreise: „Es gibt Firmen, die diese Lage ausnützen, um den Preis in die Höhe zu treiben. Unsere Abhängigkeit vom Kraftstoff ist dabei gewaltig.“