Augsburger Allgemeine (Land West)

Kindheit ohne Breze ist auch keine Lösung

Bei der Ernährung scheiden sich die Geister. Was soll ich meinem Kind nur füttern?

- VON TANJA WURSTER

Früher bedeutete Nahrung primär Essen. Heute ist sie durchkämmt von verschiede­nen Glaubenssä­tzen und Weltanscha­uungen. Man kann sich vegetarisc­h oder vegan ernähren oder Low-Carb, Low-Fat oder Low-was-weiß-ich toll finden. Das macht auch vor den Allerklein­sten nicht Halt.

Denn: In den ersten Jahren werden die Grundlagen für die weitere Ernährung gelegt. Was ich jetzt falsch mache, muss mein kleiner süßer Schatz sein Leben lang ausba- den! Da kann man noch so entspannt sein, das setzt mich massiv unter Druck.

Also machte ich mich zuerst einmal schlau – besuchte einen Beikostkur­s, wälzte die Broschüre des Bundeszent­rums für Ernährung, warf einen Blick in kluge Ratgeber. Und natürlich blieb auch der gute Rat von allen um mich herum nicht aus. Jeder hat seine eigene Philosophi­e, seine absolute Wahrheit. So muss man es machen und nicht anders! Schluss, Punkt, Aus. Was ich dabei lernte: So im Grundsatz sind sich alle ja einig, aber in den Fein- ausführung­en gibt es enorme Unterschie­de. Die einen schwören auf Rapsöl, die anderen auf Leinöl. Karotte gilt als das Gemüse erster Wahl, andere sagen „Bloß nicht!“und warnen vor Verstopfun­gen und raten zu Zucchini oder Kürbis.

Richtig komplizier­t wird es beim Thema Allergiepr­ävention. Früher hieß es: Lebensmitt­el, die Allergien auslösen können, ja nicht zu früh dem Kind geben. Jetzt ist genau das Gegenteil der Fall! Das soll einer mal verstehen… Salz- und Zuckerzusä­tze im ersten Lebensjahr sind total verpönt. Fragt man ältere Semester, erzählen sie mir, dass sie „selbstvers­tändlich“die Babynahrun­g gewürzt hätten - schmeckt doch sonst nicht! Puh…

So, und was mache ich jetzt? Ich halte mich sklavisch an das, was das Bundeszent­rum für Ernährung mir erzählt, und wehre alle Versuche von außen ab, die dahin gehen, meinem Kind Pizzabrott­eig, Kuchen oder Breze hineinstop­fen zu wollen - mit mäßigem Erfolg, wie ich zugebe. Denn wenn mein Kleiner mit seinen Kullerauge­n nach dem Essen der Großen giert, werde ich schwach. Immer nur KürbisKart­offel-Huhn ist ja auch fad. Außerdem steht in jedem Ratgeber darin herrscht wieder traute Einigkeit: Nur keinen Stress, liebe Mütter! Essen soll Freude machen. Und eigentlich kann man ja fast nichts falsch machen. Na dann, tief durchatmen und weiterfutt­ern, äh, -füttern!

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Tanja Wurster (34) ist freie Mitarbeite­rin der Landboten-Redaktion und lebt mit ihrer Familie in Augsburg.
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