Augsburger Allgemeine (Land West)
Kindheit ohne Breze ist auch keine Lösung
Bei der Ernährung scheiden sich die Geister. Was soll ich meinem Kind nur füttern?
Früher bedeutete Nahrung primär Essen. Heute ist sie durchkämmt von verschiedenen Glaubenssätzen und Weltanschauungen. Man kann sich vegetarisch oder vegan ernähren oder Low-Carb, Low-Fat oder Low-was-weiß-ich toll finden. Das macht auch vor den Allerkleinsten nicht Halt.
Denn: In den ersten Jahren werden die Grundlagen für die weitere Ernährung gelegt. Was ich jetzt falsch mache, muss mein kleiner süßer Schatz sein Leben lang ausba- den! Da kann man noch so entspannt sein, das setzt mich massiv unter Druck.
Also machte ich mich zuerst einmal schlau – besuchte einen Beikostkurs, wälzte die Broschüre des Bundeszentrums für Ernährung, warf einen Blick in kluge Ratgeber. Und natürlich blieb auch der gute Rat von allen um mich herum nicht aus. Jeder hat seine eigene Philosophie, seine absolute Wahrheit. So muss man es machen und nicht anders! Schluss, Punkt, Aus. Was ich dabei lernte: So im Grundsatz sind sich alle ja einig, aber in den Fein- ausführungen gibt es enorme Unterschiede. Die einen schwören auf Rapsöl, die anderen auf Leinöl. Karotte gilt als das Gemüse erster Wahl, andere sagen „Bloß nicht!“und warnen vor Verstopfungen und raten zu Zucchini oder Kürbis.
Richtig kompliziert wird es beim Thema Allergieprävention. Früher hieß es: Lebensmittel, die Allergien auslösen können, ja nicht zu früh dem Kind geben. Jetzt ist genau das Gegenteil der Fall! Das soll einer mal verstehen… Salz- und Zuckerzusätze im ersten Lebensjahr sind total verpönt. Fragt man ältere Semester, erzählen sie mir, dass sie „selbstverständlich“die Babynahrung gewürzt hätten - schmeckt doch sonst nicht! Puh…
So, und was mache ich jetzt? Ich halte mich sklavisch an das, was das Bundeszentrum für Ernährung mir erzählt, und wehre alle Versuche von außen ab, die dahin gehen, meinem Kind Pizzabrotteig, Kuchen oder Breze hineinstopfen zu wollen - mit mäßigem Erfolg, wie ich zugebe. Denn wenn mein Kleiner mit seinen Kulleraugen nach dem Essen der Großen giert, werde ich schwach. Immer nur KürbisKartoffel-Huhn ist ja auch fad. Außerdem steht in jedem Ratgeber darin herrscht wieder traute Einigkeit: Nur keinen Stress, liebe Mütter! Essen soll Freude machen. Und eigentlich kann man ja fast nichts falsch machen. Na dann, tief durchatmen und weiterfuttern, äh, -füttern!