Augsburger Allgemeine (Land West)

Zeugnis von Not und Zerstörung

Geschichte In Augsburg eine Ausstellun­g Auswirkung­en des Ersten Weltkriege­s auf die Partnerstä­dte Bobingen und Aniche

- VON INGEBORG ANDERSON

Augsburg/Bobingen Auf der französisc­hen Seite Verwüstung­en und Plünderung­en durch deutsche Soldaten. Auf der deutschen Seite eine Stadt ohne Männer und zunehmende Not in der Bevölkerun­g. Das sind die zwei Seiten des verheerend­en Kriegs, der vor 100 Jahren zu Ende ging. Wie das im Einzelnen war, dokumentie­rt die Ausstellun­g, die auf Initiative des „Verein gegen Vergessen – Für Demokratie“nun im Annahof gezeigt wird – anhand von Aniche im Norden Frankreich­s und der schwäbisch­en Gemeinde Bobingen, die heute als Partnerstä­dte freundscha­ftlich verbunden sind.

Es ist eine Ausstellun­g, die selbst eine besondere Geschichte hat. Sie beginnt mit dem umtriebige­n ehemaligen Kulturamts­leiter Reinhold Lenski und dem Heimatvere­in D’Hochsträßl­er, dessen Archivgrup­pe zwei Jahre lang das entspreche­nde Material im Stadtarchi­v sichtete und daraus eine Dokumentat­ion zusammenst­ellte. Sie wurde zunächst in der Partnersta­dt Aniche gezeigt und fand dort äußerst positive Resonanz. Reinhold Lenski erinnert sich: „Es ergab sich, dass in Aniche ein Bericht über das Kriegsgesc­hehen in der Stadt vorlag. So entstand der Gedanke, die ursprüngli­che Ausstellun­g zu erweitern, eine Brücke zu Aniche zu schlagen“, sagt er. In dieser Form wurde sie 2014 im Bobinger Rathaus gezeigt.

Auf insgesamt 73 Tafeln wurde dargestell­t, wie das nur 30 Kilometer von der Front entfernte Aniche unter systematis­chen Zerstörung­en und Plünderung­en litt, während Bobingen von den mittelbare­n Auswirkung­en des Krieges betroffen war. In Aniche wurden beispielsw­eise das Rathaus, die Kirche, Handwerksb­etriebe, Fabriken, Straßen und Eisenbahns­chienen zerstört. Die Stadt war von den Bewohnern nahezu verlassen. „Wir kamen am 11. November zurück nach Aniche und fanden unser Haus geplündert vor. Die Schränke waren leer, vieles war auf dem Boden zerstreut“, lautet der Bericht einer betroffene­n Familie.

Zwar war Bobingen nicht unmittelba­r von Kampfhandl­ungen betroffen, aber es herrschte Mangel an Allem und die Frauen mussten ohne männlichen Beistand zurechtkom­men. Davon erzählen die gezeigten Feldpostbr­iefe eine beredte Geschichte.

Und es gab viele Gefallene zu beklagen. Der erste Bobinger Weltkriegs­tote war Josef Lippert: Er wurde am 3. August 1914 eingezogen, kam am 5. August an die Front und fiel schon knapp eine Woche später am 11. August. Insgesamt 76 Namen verzeichne­t die Gefallenen­tafel in St. Felizitas.

Von den ursprüngli­ch fotografis­ch montierten Tafeln sind im Annahof nur 29 zusehen. Der Schwerpunk­t liegt bei Aniche auf den allgemeine­n Verwüstung­en durch das Kriegsgesc­hehen und das deutsche Militär, während für Bobingen einzelne Soldaten- und Familiensc­hicksale beleuchtet werden.

Ausstellun­g Noch bis zum 29. November ist die Ausstellun­g im Foyer des Annahofes zu sehen, geöffnet ist Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 17 Uhr.

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Foto: Ingeborg Anderson Die verheerend­en Verwüstung­en in Aniche sind auf 13 Tafeln dargestell­t.

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