Augsburger Allgemeine (Land West)
Ablasszettel auf dem Christkindlmarkt
Kabarett Der Geisterfahrer und Herr Braun analysieren die Augsburger in Deuringen. Das Publikum erlebt zwei Stunden reinen Spaß
Stadtbergen-Deuringen Wer einen gemütlichen Herbstabend mit viel Spaß und hintersinnigem Humor verbringen wollte, der kam am vergangenen Samstag nach Deuringen, um das Kabarettprogramm der Augsburger Lokalmatadore, „Geisterfahrer“und „Herr und Frau Braun“, zu sehen. Allerdings musste an diesem Abend auf „Frau Braun“wegen Krankheit verzichtet werden. Ihre beiden Partner haben aber auf geniale Weise auch zu zweit den Kabarettabend „So klein isch die Welt“gemeistert.
Ja, man hatte das Gefühl, dass beide Protagonisten an diesem Abend mit besonderer Gelassenheit und noch größerer Spielfreude auf der Bühne standen. Zur höchst angenehmen Atmosphäre des Abends trugen sicherlich auch die etwas kleinere Bühne und Saal bei. Die Nähe ließ zwischen den Kabarettisten und ihrem Publikum eine besondere Verbindung entstehen. Den Besuchern des Kabaretts wurde jedenfalls ein rundum gelungener Abend mit einem unterhaltsamen Programm geboten.
Altmeister Tuiach zeigte gleich zu Beginn seine altbekannten Kabarettqualitäten, als er eine halbe Stunde alleine auf der Bühne sein Publikum gefangen nahm. „Was ist Glück“, fragte er sich, nachdem er an diesem Samstag die Augsburger Allgemeine gelesen hatte, die sich in allen Teilen der Zeitung mit diesem Thema ausführlich beschäftigt hatte. Tuiach sah das Thema, wie sollte es anders sein, von einer etwas anderen Seite. „Glück ist, wenn zwei Autofahrer beim Abbiegen blinken.“Schließlich bot er einen humorvollen Rückblick auf seine Lebensgeschichte und machte dabei deutlich, warum er keinesfalls an Wiedergeburt glauben will: „Nie mehr zurück nach Oberhausen.“
Startete er 1984 auch höchst erfolgreich sein Kabarett „Geisterfahrer“, so habe er inzwischen mit diesem Namen durchaus Probleme. War der Name damals noch „cool“, so verbinde man nun so viel Schlechtes damit, und „viele denken dann, das war der Tuiach“. Souverän, gut gelaunt und gelassen nahm er sein Publikum gefangen, sprach über Sex im Alter, der überbewertet sei. Er jedenfalls gehe jetzt einmal im Monat zur Fußpflege, obwohl er früher schon ein wilder Hund gewesen sei. Er berichtete weiter vom ersten Christkindlmarkt vor dem Dom in Augsburg, bei dem damals Ablasszettel gekauft wurden. Dabei sah er nur wenig Unterschied zu heute, denn das gebe es ja immer noch, „die Zettelhexen kennen da nix“. Er erinnerte an die Erfindung der Schupfnudel und der Gundelpfanne. Neue Erkenntnisse kamen zum „Stoinerna Ma“. Er ist laut Tuiach der Schutzpatron der VGA-Busfahrer. Kritisch setzten sich beide Kabarettisten natürlich mit dem typischen Augsburger auseinander. Roland Krabbe, alias Professor Steinhäger, alias Herr Braun, durchleuchtete auf höchst amüsante Weise das Hirn des Augsburgers. Für seine Erkenntnisse erhalte er stets Spenderhirne aus dem Stadtrat oder aus Stadtbergen, also von denjenigen, die ihr Hirn nicht mehr brauchen. Kritisch setzten sich die beiden mit der Empathiefähigkeit des Augsburgers beim Drama auf dem Perlachturm auseinander. Wenn man darüber auch lachen konnte, so war die Absicht doch, das Publikum anzuregen, sich mit dem Hintersinn der Kabarettnummer auseinanderzusetzen.
Tuiach und Krabbe hielten den Besuchern schonungslos den Spiegel vor, ließen dabei aber nie das gewisse Liebevolle zu ihren Mitbürgern vermissen, denen sie tagtäglich so gerne aufs Maul schauen. Köstlich auch Roland Krabbe als Therapeut, der den Besuchern schnell klar- machte, dass auch bei ihnen nicht alles stimmt und gleich mit der Paartherapie begann. Nicht fehlen durfte natürlich Tuiachs beliebte Comedy-Figur Walter Ranzmayr aus dem Hochfeld, der wieder in bester Manier in Trachtenhut und Mantel vor sich hin grantelte. Es ist immer ein besonderer Höhepunkt für die Zuschauer, wenn der Kabarettist sich in dieses Augsburger Unikum mit seinen abstrusen Vorstellungen verwandelt. Die beiden Kabarettisten beschäftigten sich einen Abend lang auf höchst amüsante Weise mit den wichtigen Themen des Lebens, nahmen dabei gerne hautnah Kontakt zum Publikum auf und erzielten damit eine ganz besondere Form der Nähe. Fazit: zwei Stunden reinen Vergnügens.