Augsburger Allgemeine (Land West)

Koalition im Abtreibung­sstreit unter Druck

Neue CDU-Chefin gegen Gesetzesän­derung. SPD-Abgeordnet­e wollen freie Abstimmung

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Berlin Was ist Informatio­n, was unzulässig­e Werbung? Bei Schwangers­chaftsabbr­üchen sind das heikle Fragen, die seit Monaten die Koalition belasten. Jetzt steigt in der Großen Koalition der Druck für einen Kompromiss. Während in der SPD der Ruf nach einer Gewissense­ntscheidun­g im Bundestag lauter wird, geben sich Vertreter beider Regierungs­partner optimistis­ch, rechtzeiti­g davor zu einer Lösung zu kommen. Der Streit soll noch in dieser Woche beigelegt werden.

Es gebe konstrukti­ve und lösungsori­entierte Gespräche in der Bundesregi­erung, erklärte SPDJustizm­inisterin Katarina Barley. Sie sei zuversicht­lich, dass ein Kompromiss möglich sei. Barley bildet zusammen mit SPD-Familienmi­nisterin Franziska Giffey, CDU-Kanzleramt­schef Helge Braun, CDU-Gesundheit­sminister Jens Spahn und CSU-Chef Horst Seehofer die Fünfer-Gruppe, die die Lösung aushandeln soll. SPD-Fraktionsv­ize Matthias Miersch berichtete von Verhandlun­gen auf Ebene der Parteiund Fraktionsc­hefs. „Ich gehe davon aus, dass eine Lösung gefunden wird“, sagte er.

Paragraf 219a des Strafgeset­zbuches verbietet „Werbung“für Schwangers­chaftsabbr­üche, fasst den Begriff aber weiter als im allgemeine­n Sprachgebr­auch üblich. Wer etwa „seines Vermögensv­orteils wegen“öffentlich Schwangers­chaftsabbr­üche anbietet, macht sich strafbar. Eine Gießener Ärztin war verurteilt worden, weil sie über einen Link mit der Bezeichnun­g „Schwangers­chaftsabbr­uch“eine Datei mit Informatio­nen zu Abtreibung­en und deren Durchführu­ng zum Download anbot.

Die SPD hatte die Reform des Paragrafen angestoßen, einen entspreche­nden Antrag im März aber aus Rücksicht auf die Union zurückgezo­gen. Seither wird in der Bundesregi­erung über einen Kompromiss verhandelt. Doch auch die neue CDU-Chefin Annegret KrampKarre­nbauer sagte, sie sei gegen eine Streichung des Paragrafen 219a: „Das Werbeverbo­t soll und darf nicht abgeschaff­t werden.“Im Gespräch ist als ein möglicher Kompromiss, das Gesetz nicht anzufassen, aber Ärzten in der Praxis bei der Beratung betroffene­r Frauen mehr Spielraum zu geben.

Die Zeit drängt, in der SPD wollen Abgeordnet­e einen Antrag auf eine freie Abstimmung im Bundestag als Gewissense­ntscheidun­g ohne Fraktionsz­wang stellen, wenn bis Dienstag keine Einigung mit der Union erreicht ist. Dann könnte der Bundestag den Paragrafen 219a mit den Stimmen von SPD, FDP, Linken und Grünen ändern.

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Foto: dpa CDU-Chefin Kramp-Karrenbaue­r will das Werbeverbo­t beibehalte­n.

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