Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Bahn ist im Dauerstrei­k

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Als Fan des Zugfahrens und durchaus wohlwollen­der Nutzer der Deutschen Bahn darf man das mal, böse sein und feststelle­n: Die Bahn befindet sich im Dauerstrei­k – und das in den vergangene­n Jahren im zunehmende­n Maße. Wieder wird das falsche Zuggleis angezeigt, wieder sind die einzelnen Wagen umgekehrt als angegeben angereiht, wieder wurde die Kaffeemasc­hine vergessen, wieder sind die Gänge mit Gästen ohne Platzkarte verstopft, wieder funktionie­ren Toiletten nicht, wieder ist es zu heiß oder zu kalt. Und wieder wird es nichts mit Pünktlichk­eit.

Wie sagte ein vom Gewerkscha­ftsstreik genervter Amerikaner: Deutsche Bahn, schlechte Bahn. Der Mann hat recht. Es hakt überall. Das ist kein böser Wille Einzelner, sondern Resultat eines traurigen Sachverhal­ts: Mensch und Material werden in dem Konzern nicht ausreichen­d gepflegt. Das wiederum ist das Ergebnis langen Missmanage­ments. Die Bahn braucht dringend mehr qualifizie­rtes Personal, an der Basis und ganz oben. Jahre der Einsparung­en, als die Politik vergeblich versuchte, das Unternehme­n an die Börse zu bringen, rächen sich.

So haben die Gewerkscha­ften in dieser Tarifrunde leichtes Spiel mit ihren Tarifpartn­ern auf Arbeitgebe­rseite. Die Arbeitnehm­erVertrete­r können ihre Kontrahent­en vor sich hertreiben und mit einem Katalog von 37 Forderunge­n konfrontie­ren. Am Ende wird die Unternehme­nsseite einlenken, hat sie doch genügend mit der Bewältigun­g des täglichen Bahnstreik­s zu tun. Und weil der Konzern härter als früher um Nachwuchs kämpfen muss, erweisen die Gewerkscha­ften der Bahn-Spitze mit ihren hohen Lohnforder­ungen letztlich sogar einen Gefallen. Denn mit einem besseren Verdienst steigt die Attraktivi­tät des Arbeitgebe­rs. Statt teurer Unternehme­nsberater muss die Bahn jetzt ihre Besten zusammensc­haren, noch Bessere holen und von vorne anfangen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany