Augsburger Allgemeine (Land West)

Blondes Haar, bald 80 Jahr

Mensch Heino! Der Bäckerlehr­ling, der zum Schlagerst­ar wurde, hat Geburtstag

- VON CORNELIA WYSTRICHOW­SKI

Mainz Er sei so deutsch wie Harzer Käse, heißt es an einer Stelle des Films über jenen Musiker, der hierzuland­e wie kaum ein anderer verehrt und verspottet wurde. Jener Schlagersä­nger, dessen blondes Haar und dessen dunkle Brille längst zu Markenzeic­hen geworden sind – Heino wird am Donnerstag 80; schon an diesem Dienstag würdigt ihn das ZDF um 20.15 Uhr mit der Dokumentat­ion „Mensch Heino! Der Sänger und die Deutschen“.

Es ist eine kritische Würdigung geworden, die unter anderem zeigt, warum sich mancher so schwer mit Heino tat und wie eng seine Laufbahn mit der deutschen Geschichte verknüpft ist. Heino kommt ausführlic­h zu Wort, und das ist stellen- weise überaus aufschluss­reich. So gibt er zu verstehen, dass ihm die Kasse letztlich wichtiger war als die Kritik. 50 Millionen Tonträger hat er allein in Deutschlan­d verkauft – eine beeindruck­ende Karriere eines ehemaligen Bäckerlehr­lings.

Heino kam 1938 in Düsseldorf als Heinz Georg Kramm zur Welt; sein Vater starb im Krieg. Seine Mutter hielt die Familie als Putzfrau über Wasser und schenkte ihrem Sohn zu Weihnachte­n 1948 ein rotes Akkordeon. Ein Geschenk, das sein Leben prägen sollte. Zwar absolviert­e er eine Ausbildung zum Bäcker und Konditor, sein Herz aber hatte er an die Musik verloren.

Mit zwei Freunden trat er dann als Trio „OK Singers“auf, nannte sich von da an Heino und wurde in den 60ern von Produzent Ralf Ben- dix entdeckt, der aus ihm einen erfolgreic­hen Volksmusik-Interprete­n formte: Seine erste Aufnahme „Jenseits des Tales“verkaufte sich gleich 100000 Mal. Ausgerechn­et in einer Zeit, in der die Rolling Stones „I Can’t Get No Satisfacti­on“rockten und deutsche Studenten später auf die Straßen gingen, sang Heino Schlager über die Heimat und wurde damit für die 68er-Bewegung zur Reizfigur. Weil er Lieder zum Besten gab, die auch im Dritten Reich populär waren, unterstell­ten ihm Kritiker eine rechte Gesinnung.

Zu Unrecht, betont Heino so entschiede­n wie lakonisch: „Natürlich sind einige Lieder auch in der Nazizeit gesungen worden, aber da können ja die Volksliede­r nichts zu.“Auch anderes perlte an ihm ab, etwa dass ihn der Komiker Otto in „Otto – Der Film“als singenden Zombie durch den Kakao zog. „Das war mir doch so wurscht“, sagt Heino dazu.

Ohnehin nimmt er sein Image als Schlager-Barde seit Jahren selbstiron­isch auf die Schippe – indem er mit der Band „Rammstein“beim Heavy-Metal-Festival in Wacken auftrat oder, 2013, ein Album mit Coverversi­onen von Pop-, HipHopund Rocksongs aufnahm. Sein kürzlich erschienen­es Album „...und Tschüss“soll sein Letztes sein. Aber wer weiß.

So erfolgreic­h er auch als Sänger war, in seinem Leben musste Heino schwere Schicksals­schläge verkraften. Auch davon spricht er in der Doku. Über den Selbstmord seiner Tochter etwa oder über seine Augenerkra­nkung, die ihn dazu zwang, ständig Sonnenbril­le zu tragen.

 ?? Fotos: ZDF, Privatbesi­tz Heino; dpa ?? Auf Wunsch der Mutter macht Heino (links) eine Bäckerlehr­e. Sein Herz hängt aber an der Musik. Jahrzehnte später wird er gar zum „Rocker“.
Fotos: ZDF, Privatbesi­tz Heino; dpa Auf Wunsch der Mutter macht Heino (links) eine Bäckerlehr­e. Sein Herz hängt aber an der Musik. Jahrzehnte später wird er gar zum „Rocker“.
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