Augsburger Allgemeine (Land West)

Bildbände – nicht nur zum Verschenke­n

Es geht um Reisen und Speisen in Bayern und am Gardasee. Und ganz neue Sichtweise­n, etwa auf die Alpen

- VON DORIS WEGNER

Reisen und Speisen, das ist ein schönes Paar, das man kaum trennen mag. Beides gehört unweigerli­ch zusammen, um sich ein Bild von einem Land machen zu können, oder? Manche packen aber doch lieber nur den Gaskocher aus und knabbern schnell etwas vor dem VW-Bulli. Und manchmal sind einfach nur die Bilder ein Genuss: Neue Bildbände.

Die gebürtige Augsburger­in Heike Hoffmann hat es schon zu Studentenz­eiten zum Gardasee gezogen. Zwei andere Konstanten in ihrem Leben: Die Liebe zum Kochen und die Neugier auf neue Geschmacks­erlebnisse. Alles miteinande­r verbunden ergibt „Genuss am Gardasee“. Ein „Erzählkoch­buch“, wie Hoffmann sagt. Die 55-jährige, die am Ammersee lebt, und im Oberallgäu aufgewachs­en ist, erzählt Geschichte­n von Winzerfami­lien, Gastronome­n und Ölmühlenbe­sitzern. Dazu Rezepte wie Tagliatell­e al Piccione, Bandnudeln mit Täubchen- soße oder ein Zitronen-OrangenTir­amisu oder ein Thunfischt­artar mit Zitronensa­lsa oder …

» Heike Hoffmann: Genuss vom Gardasee. Rezepte von unterwegs. Wißner Verlag, 233 S. 35 ¤

Die einen packen Badesachen und Handtücher ein, zu Peter Gebhards Ausrüstung gehören Bremszüge, Keilriemen und Spannungsr­egler. Mit seinem rot-weißen T1-Bulli hat er 10000 Kilometer auf Island zurückgele­gt. Seine Ausrüstung war dabei auch bitter nötig: Der Gaszug riss mitten im Hochland, der Schaltknüp­pel ging in den Westfjorde­n kaputt, die fünfmonati­ge Reise ein einziges nordisches Bulli-Abenteuer. Der Oldtimer ist der Star in diesem Buch trotz der grandiosen Landschaft­saufnahmen. Doch Gebhard, Autor mehrerer Bildbände, ist viel zu sehr Island-Kenner, um nicht vom Leben der Insulaner zu erzählen, der Hafenmeist­erin Elin etwa oder Eyvi, der an den Kliffwände­n Trottellum­meneier in der Brutzeit sammelt – wegen der zarten Geschmacks­note von Meersalz und Tang.

» Peter Gebhard: Bulli Abenteuer Island. Mit 44 PS über die Insel aus Feuer und Eis. Frederking & Thaler, 190 S., 39,99 ¤

Um Genuss in der Heimat geht es in dem kulinarisc­hen Reiseführe­r „100 Genussorte in Bayern“. Nach Regionen unterteilt, führt die Lesetour zu Menschen in Bayern, die sich mit Leib und Seele regionalen Produkten verschrieb­en haben. In Schwaben geht es etwa zu einem Imker nach Seeg oder nach Weiler in die Käserei oder zu den Brauern Herbert Zinth und Manfred Biechl.

Auch Bücherorte sind genussvoll­e Kraftplätz­e. „Bayern erlesen!“heißt der Band, in welchem Bernhard Hampp 55 literarisc­he Orte vorstellt. Etwa das Brechthaus in Augsburg. Oder ein Lesecafé in Nördlingen. Oder das Stadtmuseu­m in Kaufbeuren. Das Buch ist eine Schatzsuch­e durch ganz Bayern, die unter anderem nach Regensburg, Bayreuth und Nürnberg führt. Ein lesenswert­es Büchlein und irgendwie auch ein Reiseführe­r.

» Bernhard Hampp: Bayern erlesen! Für Literaturf­reunde und Bibliophil­e. Gmeiner, 187 S. 25 ¤

» 100 Genussorte in Bayern. Ein kulinarisc­her Reiseführe­r. Essen und Trinken, 270 S., 24 ¤

Manolo Ty schloss mehr Freundscha­ften, als er pakistanis­che Chais trinken konnte, erzählt er im Vorwort seines beeindruck­enden Bildbands „Pakistan now“. Pakistan gilt als das gefährlich­ste Land der Erde. Wer den Bildband von Manolo Ty, der 1985 in Hagen geboren wurde, studiert, erhält ein ganz anderes Bild von Pakistan, nämlich ein Menschlich­es. Manolo Tys persönlich­en Erzählunge­n tun ihr Übriges dazu. Da ist die selbstbewu­sste Frau, die keinen Schleier trägt, der telefonier­ende Geschäftsm­ann, die lachenden Jungs in der Astgabel oder der Schlafende in der Moschee in Lahore...

» Manolo Ty: Pakistan now.

Dumont, 319 S., 49 ¤ Überall wachsen derzeit Prestigeob­jekte in den Alpen in die Höhe. Spektakulä­re Hütten, Bergstatio­nen oder Hotels. Wer denkt, das ist ein neues Phänomen der letzten Jahre, um im Tourismus Aufmerksam­keit auf sich zu ziehen, irrt. Wie sehr, das zeigt der Bildband „Geisterhäu­ser“. Fasziniere­nde Bilder von verlassene­n Orten in den Alpen. Bergdörfer, die langsam zuwuchern. Längst ungenutzte Festungen zeugen von Kriegen, politische Prestigeba­uten in den Südtiroler Bergen von faschistis­chen Ideologien. In einst schicken Kurbetrieb­en hausen nur noch Mäuse. Und teure Olympiastä­tten rotten ungenutzt dahin ... Die Berge wurden nie sich selbst überlassen, wie Stefan Hefele und Eugen E. Hüsler in bemerkensw­erten Fotos und Texten aufzeigen. Die Lost Places in diesem Buch zeugen oft von hochtraben­den Plänen und verrückten Ideen, in jedem Fall aber vom Zauber des Vergänglic­hen.

» Stefan Hefele, Eugen E. Hüsler: Geisterhäu­ser. Verlassene Orte in den Alpen. Bruckmann, 235 S.

 ?? Fotos: dpa/Verlage ?? Manchmal bizarr: Geisterhäu­ser in den Alpen.
Fotos: dpa/Verlage Manchmal bizarr: Geisterhäu­ser in den Alpen.
 ??  ?? Genussorte im Porträt: etwa in Weiler die Brauer Zinth und Biechl
Genussorte im Porträt: etwa in Weiler die Brauer Zinth und Biechl
 ??  ?? Einblicke in ein unbekannte­s Land: ein Bildband über Pakistan.
Einblicke in ein unbekannte­s Land: ein Bildband über Pakistan.

Newspapers in German

Newspapers from Germany