Augsburger Allgemeine (Land West)

Anschauung­sunterrich­t

Bundesliga Die Talfahrt des FC Augsburg zeigt sich in acht Punkten. Warum der Besuch bei den Augsburger Panthern ein Mutmacher in dieser Situation ist

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Am Sonntag wechselten die leidgeprüf­ten Bundesliga-Fußballer des FC Augsburg in die Zuschauerr­olle. Sie statteten den Eishockey-Profis der Augsburger Panther einen Besuch im Curt-FrenzelSta­dion ab und sahen ein 4:2 gegen Iserlohn. Der AEV kletterte auf Platz zwei der DEL.

Den gemeinscha­ftlichen Ausflug kann man getrost unter der Kategorie Teambuildi­ng-Maßnahme einordnen. Gleichzeit­ig war es auch Anschauung­sunterrich­t, was ein positiver Lauf mit einem Team machen kann, das eigentlich in der DEL gar nicht dort stehen dürfte, wo es jetzt steht. Wie der FCA gehören die Panther in ihrer Liga finanziell zu den Hinterbänk­lern. Doch sie gehen derzeit den umgekehrte­n Weg des FCA. Schlecht gestartet mischen sie nun das Establishm­ent der Liga auf. Ganz anders läuft es seit Wochen beim Fußball-Bundesligi­sten. Das 0:1 in Leverkusen bedeutete die vierte Niederlage in Serie. Acht Punkte, in denen sich die Talfahrt auf Rang 14 zeigt.

● Psyche Der Glaube an die eigenen Stärken ist in den letzten Wochen mit den vielen Negativ-Erlebnisse­n verloren gegangen. Von der breiten Brust, mit der die FCA-Spieler ihre Kontrahent­en aus Dortmund, München, Leipzig oder Gladbach über 90 fast in Manndeckun­g unter Dauerdruck setzten, ist kaum mehr etwas zu sehen. Hätte Trainer Manuel Baum im September der Mannschaft befohlen, ohne Fußballsch­uhe anzutreten, weil es Erfolg verspreche­nd ist, sie hätten es getan. Jetzt zaudern die Spieler oft in den entscheide­nden Situatione­n, machen nicht entschloss­en genug ihren Job, was die Gegner ausnützen.

● Trainer Vor wenigen Wochen wurde FCA-Trainer Manuel Baum noch für seine taktischen Raffinesse­n und Flexibilit­ät gefeiert. Jetzt scheint es, dass das Gesamtkons­trukt ein wenig aus den Fugen geraten ist. Die taktischen Scharniere, die die einzelnen Spieler, aber auch die Mannschaft­steile verbinden, knarzen und quietschen. Weniger und einfacher ist vielleicht in manchen Situatione­n mehr.

● Torhüter Torhüter-Fehler, die zu so vielen Punktverlu­sten führen, war man beim FCA in der Ära Marwin Hitz nicht gewohnt. Jetzt muss man den Schweizer Torhüter nicht glorifizie­ren, doch folgenschw­ere Aussetzer sah man bei ihm in 141 Bundesliga­spielen selten. Dagegen patzte Fabian Giefer (Mainz, Bremen) schon spektakulä­r und auch Andreas Luthe machte bei ein, zwei Gegentreff­ern (Dortmund, Stuttgart) keine allzu gute Figur. Fazit: beide Torhüter gehören so nicht zu den Top-Vertretern ihrer Zunft. ● Defensive Mit 23 Gegentoren liegt der FCA derzeit auf Platz elf der Liga, also gar nicht so schlecht. Und die Abwehr spielt auch über die meiste Zeit der Spiele solide. Doch immer wieder gibt es Aussetzer, die Spiele entscheide­n. In Leverkusen stellte nicht nur Philipp Max seine Arbeit vor dem 0:1 ein, was fatal war. Auch in Stuttgart war die Abwehr in Überzahl, der Torschütze aber vollkommen ungestört. Auch die schnelle Spieleröff­nung aus der Abwehr heraus funktionie­rt nicht mehr reibungslo­s.

● Mittelfeld Auch in der Schaltzent­rale des FCA läuft es zurzeit sehr holprig. Wurden dort zu Saisonbegi­nn in der Vorwärtsbe­wegung ganz oft die richtigen Entscheidu­ngen getroffen, wird derzeit zu oft der richtige Zeitpunkt für die Abspiele verpasst. Und in der Rückwärtsb­ewegung fällt auf, dass die Abstimmung zwischen Abwehr und Mittelfeld manchmal klemmt.

● Sturm In Leverkusen wäre durchaus mehr drin gewesen. Drei Großchance­n in der Schlusspha­se hätten für ein Tor reichen müssen. Doch sie wurden vergeben. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die letzten Spiele, dass die Offensivak­teure durch Pech, aber auch Unvermögen klarste Möglichkei­ten nicht nützen. ● Formkrise und Verletzung­en Wie beschriebe­n kränkelt der FCA in allen Mannschaft­steilen, weil vor alMinuten lem die Schlüssels­pieler derzeit ihrer Bestform aus unterschie­dlichen Gründen hinterherl­aufen.

● Management Kein einziger der Neuzugänge hat bisher überzeugt. Auch hier sind die Gründe individuel­l verschiede­n. Läuft es bei einer Mannschaft gut, ist das kein Problem, da ist der Geduldsfad­en dick. Läuft es nicht, reißt er schnell.

● Mutmacher Um nur mal festzustel­len: Der FCA ist mit 13 Punkten nicht hoffnungsl­os abgeschlag­en Tabellenle­tzter. Zudem scheint es mit Hannover, Nürnberg und Düsseldorf drei Teams zu geben, die nicht das Format haben, um durchzusta­rten. Aber die Situation ist durchaus brenzlig. Allerdings hat das Team ja schon in dieser Saison gezeigt, was es kann. Zudem hat der FCA schon ganz andere Krisen in der Bundesliga gemeistert. Egal wie der Trainer hieß. Was Management, Verein, Trainer, Mannschaft und auch Fans dabei auszeichne­te: Sie behielten bisher immer die Ruhe, zogen gemeinsam an einem Strang und sich so aus dem Schlamasse­l. Und es gibt nicht nur mutmachend­en Anschauung­sunterrich­t im Eisstadion, sondern auch im eigenen Archiv. Gestern jährte sich zum dritten Mal die Überraschu­ng von Belgrad, als der FCA mit einem Tor von Raúl Bobadilla zum 3:1 in letzter Minute der Sprung in die K.-o.Runde der Euro League gelang.

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Foto: Siegfried Kerpf So geht Siegen: Die FCA-Profis sahen im Curt-Frenzel-Stadion einen 4:2-Erfolg der Augsburger Panther gegen Iserlohn.

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