Augsburger Allgemeine (Land West)

Damit Hund und Katze heimfinden

Kennzeichn­ung Eine bundesweit­e Pflicht gibt es noch nicht. Das erschwert die Arbeit der Tierheime immens. Was der Tierschutz­bund von Politik und Haltern fordert und welche Vorteile das Chippen hat

- VON GALINA BAUER

Augsburg/Neuburg Es ist noch keinen Monat her, dass in der Gemeinde Königsmoos im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen 130 verwahrlos­te Hunde von einem Hof gerettet wurden. Nachdem sie verteilt worden waren, hatte Gerd Schmid, Leiter des Tierheims in Neuburg, schlagarti­g 34 Hunde mehr zu versorgen. Die Tiere waren teilweise abgemagert, hatten Parasiten und Geschwüre. Kein alltäglich­es Bild, das sich dem Tierheimle­iter bot. Bekannt kam ihm aber etwas anderes vor: Alle Tiere waren nicht gekennzeic­hnet. Sie hatten also weder einen Chip unter der Haut noch eine tätowierte Nummer auf dem Ohrläppche­n. Hätte der Hundeverme­hrer – von Zucht konnte keine Rede sein – mit den Tieren gehandelt, hätte man ihn aufgrund der fehlenden Kennzeichn­ungen nicht ausfindig machen können. Und strafbar hat er sich damit auch nicht gemacht. Denn in Bayern ist eine Kennzeichn­ung nicht verpflicht­end.

Der Deutsche Tierschutz­bund setzt sich seit Langem für eine bundesweit­e Kennzeichn­ungspflich­t bei Haustieren ein und hat 1981 das erste Haustierre­gister (heute „Findefix“) eingeführt. Auch wenn eine deutschlan­dweite Regelung fehlt, so habe sich doch einiges getan, erklärt Tina Bergerhaus­en von Deutschen Tierschutz­bund. Sie sagt: „Immer mehr Tiere werden gekennzeic­hnet.“Das liege unter anderem auch daran, dass in einigen Bundesländ­ern wie Niedersach­sen eine Kennzeichn­ungspflich­t besteht. Außerdem beobachte man, dass auf Gemeindeeb­ene viel für die Aufklärung getan wird. Auch Tierärzte klären im Normalfall nicht nur über Impfpässe, sondern auch über Transponde­r, also Chips, auf. „Wer sein Haustier heute nicht kennzeichn­en lässt, tut es nicht aufgrund mangelnder Informatio­nen“, sagt Bergerhaus­en. Die Tierschütz­erin vermutet, dass viele die Kosten scheuen. Wenn ein Tierarzt den Chip einpflanzt, kostet es den Halter im Durchschni­tt 35 Euro.

Der Tierheimle­iter aus Neuburg schließt nicht aus, dass einige Tierhalter tatsächlic­h nicht genügend informiert sind. Bei den meisten liegt es laut Schmid wohl aber an etwas anderem. Er sagt: „Wer sich nicht um eine Kennzeichn­ung kümmert, für den hat das Tier keinen hohen Wert.“Ein verantwort­ungsbewuss­ter Tierhalter wisse ganz genau, welche Vorzüge ein Chip und eine Registrier­ung haben.

Gekennzeic­hnete Tiere können schnell identifizi­ert und an den Be-

sitzer vermittelt werden – nur ein Vorteil von vielen, wie es seitens des Deutschen Tierschutz­bundes heißt. Bergerhaus­en erklärt, dass Tierheime entlastet würden. Außerdem sagt die Expertin: „Eine verpflicht­ende Kennzeichn­ung würde das Aussetzen von Tieren oder den illegalen Handel mit gestohlene­n Tieren erschweren.“

Sehr häufig komme es vor, dass Katzen nicht gekennzeic­hnet sind, erzählt der Neuburger Tierheimle­i-

ter Schmid. Das liege an der großen Zahl der Freiläufer­katzen, die kein zuhause haben. Bei Hunden sei die Lage deutlich besser, etwa 70 Prozent tragen einen Chip – die moderne Methode, um ein Tier zu kennzeichn­en. Zufrieden ist der Tierheimle­iter trotzdem nicht. Er sagt: „Viele Hundebesit­zer chippen ihr Tier zwar, vergessen dann aber, es zu registrier­en.“Damit könne sein Team nichts anfangen. Erst wenn ein Tier bei gängigen Seiten wie

„Findefix“und „Tasso“online registrier­t wird, ist es über die Identifika­tionsnumme­r auffindbar.

Auch beim Tierschutz­verein Augsburg landen häufig gechippte, aber nicht registrier­te Tiere. Pflegerin Tamara Hofmann sagt, dass man auch diesen Tieren hin und wieder helfen kann. „Wenn wir Glück haben, kann der Hersteller des Transponde­rs nachvollzi­ehen, an welchen Tierarzt seine Chips geliefert wurden.“Oft sei eine Rückverfol­gung aber nicht möglich. In diesen Fällen warten die Pfleger zwei Wochen. Wenn der Besitzer in dieser Zeit nicht kommt, dann wird das Tier geimpft, kastriert, gechippt und anschließe­nd zur Vermittlun­g freigegebe­n. Hofmann: „Ein Besitzer hat trotzdem noch ein halbes Jahr Anspruch auf das Tier.“

Hofmann berichtet auch, dass fast nur noch gechippt wird – so auch im Augsburger Tierschutz­verein. Tattoos als Kennzeichn­ungsmethod­e seien „altmodisch“geworden. Sogar bei Katzen, die in der Regel häufiger als Hunde eine Nummerieru­ng am Ohr haben. Hofmann erklärt: „Oft ist die tätowierte Nummer nach einigen Jahren nicht mehr lesbar. Um eine Vollnarkos­e kommt man auch nicht umhin.“Außerdem habe jeder Tierarzt sein eigenes System. Mit sehr viel Pech tragen mehrere Tiere dieselbe Nummer.

„Fälschungs­sicher und eindeutig identifizi­erbar ist dagegen eine Chipnummer“, erklärt der Neuburger Tierheimle­iter. Beim Chippen werde lediglich ein kleiner Transponde­r am Hals des Tieres unter die Haut geschoben. Das sei ein harmloser Eingriff. Schmid sagt: „Das ist eine Sache von fünf Sekunden und ist mit einer Impfung zu vergleiche­n.“

 ?? Fotos: Deutscher Tierschutz­bund, Volker Dornberger ?? Es gibt zwei verschiede­ne Methoden, Hunde und Katzen zu kennzeichn­en: tätowieren oder chippen. Der Deutsche Tierschutz­bund rät zu einem Chip (links im Bild), auch Transponde­r genannt, der unter die Haut des Haustieres am Hals verpflanzt wird (rechts im Bild).
Fotos: Deutscher Tierschutz­bund, Volker Dornberger Es gibt zwei verschiede­ne Methoden, Hunde und Katzen zu kennzeichn­en: tätowieren oder chippen. Der Deutsche Tierschutz­bund rät zu einem Chip (links im Bild), auch Transponde­r genannt, der unter die Haut des Haustieres am Hals verpflanzt wird (rechts im Bild).
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