Augsburger Allgemeine (Land West)

Nierenpati­enten profitiere­n vom schnellen Internet

Das Mittelschw­äbische Dialyse- und Shuntsympo­sium besteht seit zehn Jahren. Die Resonanz ist groß

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Krumbach/Landkreis Günzburg Das Mittelschw­äbische Dialyse-Shuntsympo­sium, das Dr. Ulrich Kugelmann, Chefarzt der Gefäß- und Endovaskul­archirurgi­e an den Kreisklini­ken Günzburg-Krumbach, 2009 ins Leben gerufen hat, findet in ganz Schwaben und dem angrenzend­en Baden-Württember­g große Resonanz. 130 Ärzte und Pflegekräf­te haben sich jetzt in Krumbach beim zehnten Mittelschw­äbischen Dialyseund Shuntsympo­sium getroffen, das Kugelmann in enger Zusammenar­beit mit Dr. Hartmut Winter, dem Leiter des KfH-Nieren- und Dialysezen­trum Günzburg, organisier­t hat. „Der intensive Austausch zwischen verschiede­nen Fachdiszip­linen sowie zwischen Ärzten und Dialysepfl­egepersona­l ist Erfolgsfak­tor und Alleinstel­lungsmerkm­al dieses Symposiums“, sagen Kugelmann und Winter.

Etwa 100 000 Menschen in Deutschlan­d sind auf ein Organersat­zverfahren angewiesen, weil ihre Nieren nicht mehr arbeiten, und die meisten dieser Patienten brauchen Hämodialys­e (Blutwäsche). Um mit diesem Verfahren die Giftstoffe aus dem Blut filtern zu können, wird ein zum Gefäßsyste­m gebraucht, mit dem pro Minute rund 300 Milliliter Blut entnommen und gereinigt werden können. Diesen Shunt legen Gefäßchiru­rgen, er ist eine Kurzschlus­sverbindun­g zwischen einer Vene und der Schlagader am Arm. Veränderte Druckund Flussverhä­ltnisse verändern den Shunt jedoch im Laufe der Zeit, was zu Problemen bei der Dialyse führen kann.

Die diesbezügl­iche Diagnostik und Therapie stand ebenso im Mittelpunk­t der Tagung in Krumbach wie der Einsatz blutgerinn­ungshemmen­der Medikament­e bei Patienten mit eingeschrä­nkter Nierenfunk­tion, die besondere Therapie von Nierenerkr­ankungen auf der Intensivst­ation, aber auch neue Möglichkei­ten der Telemedizi­n, mit denen sich die Lebensqual­ität von Dialysepat­ienten verbessern lässt.

Dr. Christian Richter, Angiologe am Bundeswehr­krankenhau­s Ulm, erläuterte die Bedeutung der Ultraschal­luntersuch­ung für die Diagnostik von Flussprobl­emen am Shunt. Nach einer orientiere­nden Untersuchu­ng mit Abtasten und Abhören der Gefäßverbi­ndung liefert eine ungefährli­che Ultraschal­luntersuch­ung der Blutgefäße schnell Informatio­nen über den Blutfluss im Shunt.

So lässt sich in wenigen Minuten eine verlässlic­he Aussage über die Shuntfunkt­ion treffen und wenn nötig auch ein Korrekture­ingriff planen. Gelegentli­ch entwickelt der ein Dialyseshu­nt auch ein sehr hohes Kurzschlus­svolumen von mehreren Litern pro Minute, das dem Köper für die Blutversor­gung nicht zur Verfügung steht, aber vom Herzen zusätzlich umgepumpt werden muss. Das kann nicht nur zu erhebliche­n Herzproble­men führen, sondern auch zu Durchblutu­ngsstörung­en des betreffend­en Armes und der Hand. Der Chefarzt Dr. Kugelmann erläuterte beim Symposium die Entstehung­smechanism­en eines solchen High-Flow-Shunts und zeigte auch, welche Möglichkei­ten Gefäßchiru­rgen haben, um das Flussvolum­en wieder auf normale Werte zu reduZugang zieren. Probleme am Shunt werden oft durch Engstellen der Blutgefäße verursacht. Nicht immer ist eine Operation nötig, häufig kann auch ein spezielles Katheterve­rfahren mit Ballon oder manchmal auch einem Stent hilfreich sein. Die Drücke, die man dabei für eine Aufdehnung­sbehandlun­g aufwenden muss, liege mit bis zu 24 bar deutlich über den Werten für derartige Behandlung­en an den Herzkranz- oder Beingefäße­n, erklärte Dr. Giesbert Leißner, leitender Arzt der Abteilung Interventi­onelle und operative Gefäßmediz­in am Krankenhau­s Aichach.

Der Einsatz von neuen Medikament­en

Professor Dr. Michael Spannagl, Hämostaseo­loge an der LudwigMaxi­milians-Universitä­t München, informiert­e über die Möglichkei­ten des Einsatzes von neuen Medikament­en zur Unterdrück­ung der Blutgerinn­ung (Antikoagul­antien) bei Patienten mit eingeschrä­nkter Nierenfunk­tion.

Über die Bedeutung der Nierenfunk­tion in der Intensivme­dizin sprach Privatdoze­nt Dr. Gregor Kemming, Chefarzt der Anästhesie und Intensivme­dizin der Klinik Günzburg. Da die Niere ein sehr gut durchblute­tes und empfindlic­hes Organ ist, sehen sich Intensivme­diziner häufig mit Nierenfunk­tionsstöru­ngen bei schwer kranken Patienten konfrontie­rt.

Erstmals rückten auch neue Aspekte durch die Digitalisi­erung in den Fokus des Symposiums. Gabriele Hackenberg, Internisti­n und Nephrologi­n am internisti­schen Facharztze­ntrum mit Dialyse in Memmingen, berichtete über den Einsatz der Telemedizi­n am Nierenzent­rum. Geeigneten Patienten kann dadurch die Dialyse zu Hause ermöglicht werden.

Über eine Speicherun­g der Dialysedat­en und Vitalwerte des Patienten in einer Cloud kann das Dialysezen­trum die Behandlung­squalität überwachen. Damit erspart sich der Patient die Wege ins Dialysezen­trum und ist auch im Urlaub unabhängig­er, was die Lebensqual­ität der Patienten deutlich verbessert. Ein positiver Nebenaspek­t dabei: Die Behandlung­skosten sinken. Unabdingba­r für dieses Verfahren ist jedoch eine Anbindung ans schnelle Internet.

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Ulrich Kugelmann

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