Augsburger Allgemeine (Land West)
Warum geht die halbe Kuka-Spitze?
Kaum ist Konzernchef Till Reuter weg, verlassen gleich vier weitere Spitzenmanager den Roboterbauer. Einer von ihnen ist Bernd Liepert, der wie kein anderer das Kuka-Gefühl verkörpert. Eine kitschige Geschichte – ohne Happy End
Augsburg Die Geschichte von Bernd Liepert und Kuka ist fast ein bisschen kitschig. Der 57-Jährige ist kein Nadelstreifen-Manager, sondern eher der Typ Tüftler. Er entwickelt die erste Roboter-Steuerung via Computer und schafft es bis an die Konzernspitze. Er wird degradiert, gefeuert und wieder eingestellt. Dann erlebt „Mister Robotic“, wie er von den Kukanern genannt wird, die erstaunliche Wiedergeburt des Augsburger Traditionsunternehmens. Es sind glückliche Jahre. Nur ein Happy End wird es in dieser Geschichte nicht geben. Das letzte Kapitel schließt sich am 31. Januar.
Nur drei Wochen, nachdem Kuka überraschend die Trennung von Vorstandschef Till Reuter bekannt gegeben hat, steht fest: Gleich vier weitere Spitzenmanager verlassen das Unternehmen. Einer von ihnen ist Bernd Liepert, der zuletzt als Innovationschef für den Roboterbauer über mögliche Nachfolger oder die Rolle der chinesischen Besitzer beim Austausch von so großen Teilen der Konzernspitze. Selbst vom Betriebsrat ist an diesem Tag keine Stellungnahme zu bekommen. Was bleibt, ist also ein idealer Nährboden für Gerüchte.
Aber erst mal zu den Fakten: Klar ist, dass der Midea-Konzern, dem Kuka zu rund 95 Prozent gehört, die Geduld mit der Führung in Augsburg verloren hat. Nach erfolgreichen Jahren unter Reuter, der das Unternehmen aus den roten Zahlen geführt und wieder profitabel gemacht hatte, geht zunächst fast un- bemerkt der Schwung verloren. Als Kuka dann die Gewinnerwartungen nicht mehr erfüllen kann, ziehen die Chinesen personelle Konsequenzen. Man sei gegenüber den Wettbewerbern zurückgefallen, sagt Andy Gu, der die Interessen von Midea als Kuka-Aufsichtsratschef vertritt, nach der Trennung von Reuter. Was er meint: Die Konkurrenz war zuletzt innovativer als die Augsburger. Das bemängelte kürzlich auch der frühere Kuka-Chef Manfred Gundel im Interview mit unserer Redaktion: „Der 2015 präsentierte kleine Roboter Agilus war die letzte wirklich in den Markt eingeführte Innovation. Wettbewerber haben seitdem reihenweise Innovationen auf den Markt gebracht und gewaltig an Marktanteilen gewonnen.“Reuters Nachfolger auf dem KukaChefsessel, Peter Mohnen, spricht ebenfalls immer wieder von der „Innovationsgeschwindigkeit“, die verbessert werden müsse. Und da scheint sich der Kreis zu schließen: Verantwortlich für Trends und neue Produkte war in den vergangenen Jahren schließlich Bernd Liepert, dessen Zeit als Kukaner nun ebenfalls zu Ende geht. So weit, so logisch. Doch man kann die Geschichte auch anders erzählen.
Liepert ist ein Quereinsteiger. Er hat als Diplom-Mathematiker und Ingenieur angefangen und wurde doch ein Roboter-Mann durch und durch. Und er ist ein Kind der Region. Er kommt aus Meitingen im Kreis Augsburg und lebt bis heute dort. Dass der Manager, der auch Präsident der europäischen Roboter-Vereinigung ist, nach einer kurzen Unterbrechung Anfang 2010 zu Kuka zurückkehrte, hat er vor allem Reuter zu verdanken. Muss er nun also gehen, weil die Chinesen in ihm einen Vertrauten des geschassten Ex-Bosses sehen? Soll das Ende der Ära Reuter auch durch einen Austausch führender Köpfe dokumentiert werden? Darüber spekulieren zumindest die Beschäftigten, seit die kurze Hausmitteilung im Intranet ihre Hoffnungen auf ruhigere Zeiten enttäuscht hat.
Rückblende: Schon Lieperts erste Zeit bei Kuka endet unschön. Im Jahr 2009 wird ihm gekündigt. Es geht um Verstöße gegen „interne Richtlinien“und den Vorwurf, Mitarbeiter