Augsburger Allgemeine (Land West)

Stadt, Land, Brecht

Zum dritten und letzten Mal gestaltet Patrick Wengenroth das Programm. Geboten werden viele Theaterpro­duktionen; das Staatsthea­ter gibt „Baal“einen besonderen Dreh

- VON RICHARD MAYR

Viel Theater, viel Musik, dazu Literarisc­hes, so könnten kurz und knapp die drei Schwerpunk­te des kommenden Brechtfest­ivals 2019 beschriebe­n werden. Eine hochkaräti­g besetzte Theaterpro­duktion wird in Augsburg gastieren und eine Bühnenadap­tion von David Foster Wallace’ Hauptwerk „Der unendliche Spaß“zeigen. Dazu hat der künstleris­che Leiter Patrick Wengenroth einmal die freie Theatersze­ne aus Deutschlan­d vom 22. Februar bis zum 3. März 2019 nach Augsburg gelotst. Allen gemein ist, dass der Kollektiv- und Ensemble-Gedanke bei ihnen hochgehalt­en wird.

Präsentier­t wurde das dritte Festivalpr­ogramm von Wengenroth an einem ungewöhnli­chen Ort: neunter Stock des städtische­n Verwaltung­sgebäudes an der Blauen Kappe, im großen Besprechun­gsraum. Der Ort sollte Programm sein. „Für Städtebewo­hner*innen“steht auf dem Programmhe­ft, Brechts Gedichtzyk­lus „Aus dem Lesebuch für Städtebewo­hner“zitierend und mit dem Gender-Stern in die Gegenwart holend. In das Spannungsf­eld von Mensch und Stadt will das Festival führen. Deshalb präsentier­ten die Macher das Programm dort, wo sich neue Bürger der Stadt registrier­en müssen. „Die Bevölkerun­g in soll bis 2030 um mehr als eine Million Einwohner abnehmen, gleichzeit­ig wachsen die Städte“, sagte Kulturrefe­rent Thomas Weitzel. Im Festival werde auch die Frage aufgeworfe­n, wie die Kunst mit diesen Prozessen umgeht und was sie dazu zu sagen hat.

„Viel“, meinte Patrick Wengenroth. Etwa das renommiert­e Berliner Ensemble, das sich im Rahmen eines Recherchep­rojekts mehrere Monate mit der wachsenden Obdachlosi­gkeit in Berlin auseinande­rgesetzt hatte. Die Produktion „Auf der Straße“, die daraus entstand, ist im Martinipar­k zu sehen. Auf der Bühne stehen dann neben zwei Schauspiel­ern auch drei Obdachlose und erzählen ihre Geschichte­n. Zu sehen sind dazu die freien Ensembles She She Pop mit „Oratorium – Kollektive Andacht zu einem wohlgehüte­ten Geheimnis“, Raum + Zeit mit „Antigone :: Comeback“(eine szenische Installati­on für je einen Zuschauer) und Turbo Pascal mit „Böse Häuser“(ein Gedankenex­periment für die Zuschauer).

Auch die Augsburger freie Szene mischt kräftig mit, das Junge Theater Augsburg mit einem Bürgerbühn­en-Projekt, Bluespots Production­s mit einem zehntägige­n Städteaben­teuer an zehn verschiede­nen Orten in Augsburg, das Sensemble Theater mit einer Falk-Richter-Inszenie- rung und das Theater-Ensemble mit einer Fassbinder-Inszenieru­ng. Der Titel dieses Abends: „Anarchie in Bayern“.

Das Staatsthea­ter Augsburg wird extra für das Festival Brechts „Baal“auf die Bühne bringen. Chefdramat­urg Lutz Keßler verriet schon einmal, dass die Regisseuri­n Mareike Mikat dem Stück einen Dreh verpassen wird: Baal, dieses Kraftpaket, wird von einer Frau, nämlich Natalie Hünig, gespielt, alle anderen Rollen von Männern. Und zu einem der Festivalhö­hepunkte könnte auch die Aufführung von David Foster Wallace’ „Der unendliche Spaß“in der Regie von Thorsten Lensing werden. Auf der Bühne steht mit Jasna Fritzi Bauer, Sebastian Blomberg, André Jung, Ursina Lardi, Heiko Pinkowski und Devid Striesow ein hochkaräti­ges Ensemble.

36 einzelne Programmpu­nkte, 51 Veranstalt­ungen insgesamt, mehr als 20 verschiede­ne Spielstätt­en, so liest sich das Brechtfest­ival 2019 in Zahlen. „Und die Lange Brechtnach­t ist da nur als ein Programmpu­nkt mitgezählt“, sagte Wengenroth. In dieser wird es am Freitag, 1. März, dann musikalisc­h. „Get Well Soon“ist dann unter anderem zu hören, aber auch die Newcomer „Let’s Eat Grandma“, zwei junge Sängerinne­n aus Norwich, die geraDeutsc­hland de ihr zweites Album auf den Markt gebracht haben.

Lyrik-Veranstalt­ungen, eine Ausstellun­g zu Brecht und die Räterepubl­ik, Vorträge, ein RomanHörsp­iel, ein Poetry-Slam, ein Festivalta­lk, ein „Brecht-Brunch mit Bürgermeis­ter*innen“, ein Schulund Songwettbe­werb runden das Programm ab.

 ?? Foto: Richard Mayr ?? Eine Plastiktüt­e auf dem Plakat, darin ein Festivalpr­ogramm, das der künstleris­che Leiter Patrick Wengenroth dieses Mal „für Städtebewo­hner*innen“ausgelegt hat. Im Verwaltung­sgebäude an der Blauen Kappe hat er sein aktuelles Programm vorgestell­t.
Foto: Richard Mayr Eine Plastiktüt­e auf dem Plakat, darin ein Festivalpr­ogramm, das der künstleris­che Leiter Patrick Wengenroth dieses Mal „für Städtebewo­hner*innen“ausgelegt hat. Im Verwaltung­sgebäude an der Blauen Kappe hat er sein aktuelles Programm vorgestell­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany