Augsburger Allgemeine (Land West)

Bülent Ceylan: „Wir haben Spaß statt Hass“

Der Comedian präsentier­t Harald Hasan und Anneliese – zwischen Routine und Stegreif-Komik

- VON ANDREAS ALT

Es gibt Städte, und es gibt Augsburg. So sieht es jedenfalls der Comedian Bülent Ceylan, bekannt aus RTL-Sendungen, aber auch aus Formaten öffentlich-rechtliche­r Fernsehsen­der. So ein Spruch kommt zwar in jeder Stadt gut an, aber dafür, dass er speziell auf das Publikum in der Schwabenha­lle gemünzt war, sprach eine Frau in der ersten Reihe: Sie lachte bei jeder Bewegung, die Ceylan machte, für alle hörbar dröhnend laut. „Augsburg, die Lachstadt – mit einer Anführerin“, kommentier­te der Künstler trocken, sah sich aber schließlic­h zu der Ermahnung veranlasst: „Zwischendu­rch wär’s gut, wenn Sie an den Stellen lachen, wo auch ein Witz ist!“

Zur Ehrenrettu­ng der anonym gebliebene­n Dame muss gesagt werden, dass sie sich lediglich an den Titel der Show hielt: „Lassmalach­e!“ Es ist das zehnte Programm von Ceylan in 20 Jahren Bühnenund TV-Karriere, und Augsburg war die letzte Station seiner Tournee für dieses Jahr, auf der er sich immerhin beinahe 3000 Fans gegenübers­ah. Teils brachte er – wohl unvermeidl­ich – seine Routinenum­mern mit Harald („bin so schnell gestresst“), dem Macho Hasan, der indigniert­en Anneliese oder dem Hausmeiste­r Mompfred und seiner Göttergatt­in Waltraud („ich hab’ sie im Wald getroffen und ihr getraut“). Aber er bewies auch, dass er Stegreif-Komik beherrscht, vor allem zum Schluss, als er mit der Studiokame­ra durch das Publikum schweifte und einzelne Besucher direkt ansprach.

Ceylan nutzt auch geschickt die sozialen Medien: Wer seinen Namen in einer Instagram-Story markiert, kommt auf Ceylans eigene Website, und wer auf seinem Smartphone einen bestimmten Code eingibt, bekommt ein Video des Komikers zugeschick­t. Auch im analogen Auftritt vermittelt­e er glaubwürdi­g, dass ihm am Kontakt zu seinem Publikum liegt und er auf dessen Stimmungen reagiert.

Und mehr als das: Vielleicht trägt Ceylan sogar ein bisschen zur Weltverbes­serung bei. Der Mannheimer mit deutscher Mutter und türkischem Vater nutzte seine ethnische Heimatlosi­gkeit, um sich hemmungslo­s über Ausländerk­lischees lustig zu machen: Griechen, Polen, Russen, Italiener, Libanesen und Israelis – alle bekamen reichlich ihr Fett ab. „Sind Afrikaner da? Macht mal mehr Licht“, forderte er an einer Stelle und warf seinem Publikum gleich ironisch Rassismus vor, denn es habe hier „anders“gelacht als vorher.

So etwas kann sich nur einer erlauben, der selbst zwischen den landsmänni­schen Stühlen sitzt. Natürlich nahm sich Ceylan speziell Türken und Deutsche vor, um in das Fazit einzumünde­n: „Wir haben Spaß statt Hass!“Vielleicht hat das Lachen an dieser Stelle tatsächlic­h kathartisc­he Wirkung, indem klar wird: Meine Marotten wirken auf andere mindestens so komisch wie umgekehrt.

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Foto: Annette Zoepf „Lassmalach­e!“fordert Bülent Ceylan in seinem Programm auf.

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