Augsburger Allgemeine (Land West)
Schulstühle sitzen nicht länger in Mombasa fest
Gersthofen stellt Mobiliar aus der alten Mittelschule für die Initiative Prokapsogo zur Verfügung. Dann kommt die Bürokratie in Kenia
Gersthofen Wie eine Spende am Ende richtig teuer wird – dies haben die Helfer der Initiative Prokapsogo heuer erlebt. Vier Monate lang lagen von der Stadt gespendete Schulmöbel aus Gersthofen in Afrika beim Zoll fest und verursachten dort Lagerkosten von 36000 Euro.
In den acht betroffenen Containern befand sich das Mobiliar der alten Gersthofer Mittelschule: 400 Bänke, 800 Stühle sowie 32 Lehrerpulte und Tafeln hatte die Stadt Prokapsogo, einer Hilfsorganisation rund um den Augsburger Zoowirt Klaus Schwenk, zur Verfügung gestellt. Nachdem die Schulfamilie anfang des Jahres in den Neubau eingezogen war, wurden die Möbel auf den Seeweg geschickt.
Dort angekommen, seien sie vier Monate lang am Hafen in Mombasa festgehängt, berichtet Klaus Schwenk. „Der Gouverneur des kenianischen Baringo County hatte uns versprochen, dass er die Zollkosten übernehmen werde, was aber hängen blieb, weil die bürokrati- schen Mühlen in Kenia sehr langsam mahlen.“Der Transport der Möbel kostete laut Schwenk 26000 Euro.
Weil es schließlich vier Monate dauerte, bis die Genehmigung der Zollbehörde kam, fielen nicht eingeplante, zusätzliche Kosten für die Miete und die Lagerung der acht Container an. „Diese summierten sich auf etwa 36000 Euro“, so Schwenk. „Die 10000 Euro Transportkosten von Mombasa nach Kabarnet übernahm der dortige Transportunternehmer“, sagt Schwenk.
Kabarnet ist die Hauptstadt von Baringo County, circa 300 Kilometer nordwestlich von Nairobi. Für die Stadt Gersthofen seien durch die Verzögerungen in Afrika keinerlei Kosten entstanden, betont der Helfer. Am Ende übernahmen der Parlamentsabgeordnete Joshua Kandie, Schwenk und erst später der Gouverneur diese Zusatzkosten. Über Joshua Kandie kamen einst die Beziehungen Schwenks zustande. Der Afrikaner hatte vor Jahren in Augsburg studiert und dort Klaus Schwenk kennengelernt.
In Kabarnet wurden die ehemali- gen Gersthofer Möbel an sieben
Schulen verteilt.
Die ganze Spendenaktion verlief schon zuvor mit Reibungen: So gerieten Gersthofens Bürgermeister Michael Wörle und mehrere Stadträte im März in die Kritik. Sie waren in einer Delegation auf Einladung des Gouverneurs nach Baringo County gereist und sahen sich die Schulen an, in denen die Möbel ihre neue Heimat finden. Die Gruppierung Pro Gersthofen verzichtete damals auf eine Mitreise, weil sie „den Steuerzahler nicht noch mehr mit den Reisekosten der Stadträte belasten“wollte, so Albert Kaps.
Der Afrikatrip habe aber mehr gebracht als nur Spesen, betonte Bürgermeister Michael Wörle gegenüber unserer Zeitung. „Unser Besuch fand auf Einladung des Gouverneurs Stanley Kiptis statt, der auch die Kosten für die Übernachtung und die Verpflegung übernahm.“Die Stadt bezahlte demzufolge den Transfer nach München und die Flugkosten – insgesamt 7000 Euro. Es sei unter anderem ein Freundschaftsvertrag mit Baringo County unterzeichnet worden. Mit Politikern und Unternehmern wurde auch gesprochen, wie man deutsche Investoren für Projekte in Baringo gewinnen könnte.
Auch Prokapsogo geriet in die Kritik. Es sei sinnvoller, die Kenianer zu unterstützen, dass sie selbst die Bänke und Tische fertigen, hieß es beispielsweise. So würde gleichzeitig auch Arbeit für Handwerker vor Ort geschaffen.
Im November hat übrigens die zweite von der Initiative Prokapsogo mitfinanzierte Riwo Highschool ihren Betrieb aufgenommen. Auch dort werden einige der Möbel aus der alten Gersthofer Mittelschule verwendet. „Darüber freuten sich die Schüler sehr“, sagt Klaus Schwenk. Eine offizielle Einweihungsfeier findet beim nächsten Besuch im Februar statt. „Da fliegen wir mit dem gesamten Jugendorchester Gersthofen nach Kenia und veranstalten dort ein großes Festival gemeinsam mit den Jugendlichen aus Baringo County.“
Die Unterstützung für die kenianische Region Baringo County hat Tradition. Seit 2008 leistet der private Verein Prokapsogo dort Hilfe und unterstützt zum Beispiel den Bau von Schulen und die Ausbildung von Handwerkern.
Besonders spektakulär war der Transport ausgemusterter Feuerwehrautos aus Schwaben nach Kenia, die zuvor in Gersthofen für ihr neues Einsatzgebiet umgerüstet worden waren. „Diese sind immer noch funktionsfähig und werden auch für Einsätze benutzt“, sagt Klaus Schwenk. „Auch wenn sie manchmal wegen der großen Distanzen und des Baumaterials der Hütten erst eintreffen, wenn sie abgebrannt sind.“Weitere noch laufende Projekte sind die Verbesserung der Wasserversorgung über Pumpen und Tanks.