Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Bahn kann es doch

Pünktliche­re Züge über Weihnachte­n

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Berlin Nach den vielen Katastroph­enmeldunge­n über die Zustände bei der Deutschen Bahn kann der Konzern immerhin für die Weihnachts­zeit ein positives Fazit ziehen: Seit Samstag seien mehr als 85 Prozent der ICE- und IC-Züge pünktlich gewesen, hat das Unternehme­n recherchie­rt. 44 Fernzüge seien über die Feiertage zusätzlich unterwegs gewesen, um das deutlich höhere Reiseaufko­mmen zu bewältigen. Zwischen dem vergangene­n Donnerstag und Heiligaben­d saßen demnach 20 Prozent mehr Fahrgäste als sonst in den Zügen – ein Plus von 400000 Bahnreisen­den. Die Bahn setzte mehrere hundert zusätzlich­e Mitarbeite­r ein.

Die Bahn kämpft derzeit mit schlechten Pünktlichk­eitswerten – im November etwa waren nur knapp über 70 Prozent der Fernzüge nach Definition des Konzerns pünktlich, also wenn die planmäßige Ankunftsze­it um weniger als sechs Minuten überschrit­ten wurde. Kunden klagen auch häufig über Probleme wie kaputte Toiletten oder geschlosse­ne Bordrestau­rants.

So mehren sich – wie berichtet – innerhalb des Konzerns kritische Stimmen. „Das ist hier inzwischen eine einzige Katastroph­enveransta­ltung“, schimpfte noch vor Weihnachte­n Bahn-Aufsichtsr­at KlausDiete­r Hommel, der auch Vizechef der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) ist. „Wenn die Deutsche Bahn ein Autoherste­ller wäre, wären die Lenkräder hinten montiert und die Räder oben“, sagte Hommel.

EVG-Chef Alexander Kircher ergänzte: „Die Bahn ist über Jahre auf Verschleiß gefahren worden.“Es fehlen Kapazitäte­n bei der Infrastruk­tur, bei den Zügen und beim Personal. Das führt dazu, dass das System allmählich kippt.“

Bei der Linken im Bundestag wird der Ruf nach einer Wiedervers­taatlichun­g laut. „Was der hoch bezahlte Vorstand, die Manager und der Aufsichtsr­at leisten, können Behördenle­iter schon lange. Und die kassieren dafür keine Millioneng­ehälter“, schrieb der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer Jan Korte in einem Vorschlag an seine Fraktion.

Die Bahn ist seit 1994 eine Aktiengese­llschaft, die Aktien gehören alle dem Bund. „Niemand kann uns erzählen, dass die Bahn als staatliche Behörde schlechter als jetzt laufen würde“, sagte Korte.

Der erste parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP, Marco Buschmann, wies diese Forderung als „grotesk“zurück.

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