Augsburger Allgemeine (Land West)

„Das ist kein Schönheits­wettbewerb“

Landespoli­tik Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder spricht über seine anstehende Wahl zum CSU-Chef, Sympathiep­robleme der eigenen Partei und seine Rolle als Streitschl­ichter

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Herr Söder, ab dem 19. Januar haben Sie alle Macht in der CSU. Stehen Sie dann endlich alleine an der Spitze oder eher leider?

Markus Söder: Es ist natürlich eine große Verantwort­ung. Wenn man die Liste der ehemaligen Parteivors­itzenden sieht, sind das große Persönlich­keiten. Ich habe mich nicht gedrängt nach dem Parteivors­itz, aber ich stelle mich nun mit großer Leidenscha­ft in den Dienst der Partei. Wohlwissen­d, dass die CSU jetzt eine neue Aufstellun­g braucht. Ich will der Partei das zurückgebe­n, was ich von ihr an Chancen bekommen habe.

Sie waren einer der Protagonis­ten bei den langen Machtkämpf­en in der CSU. Wie wollen ausgerechn­et Sie die Partei zur Ruhe bringen?

Markus Söder: Unser aller Ziel ist es, die CSU breiter aufzustell­en. Wir müssen die Partei durchlüfte­n und öffnen an der Basis: für Junge, Frauen, für Außenstehe­nde und vor allem für mehr Diskussion­en vor Ort. Die CSU muss neben dem Regierungs­handeln Luft und Zeit haben, über längerfris­tige Konzepte nachzudenk­en. Man muss zwei Strategien miteinande­r verbinden: souverän und gut regieren und neben der Gegenwarts­betrachtun­g auch eine nachhaltig­e Zukunft entwickeln. Wir müssen verschiede­ne Themen neu denken und geistig prägen. Begriffe wie Wachstum und Fortschrit­t müssen qualifizie­rter und nachhaltig­er angegangen werden. Dazu braucht es auch tiefer gehende Debatten.

Das klingt so, als werde die arg strapazier­te emotionale Ebene in der CSU praktisch nebenbei befriedet?

Markus Söder: Wichtig ist, dass wir Optimismus und einen konstrukti­ven Stil pflegen, wieder unseren Stolz auf Bayern in vernünftig­er Form entwickeln und zeigen, was an Substanz in dieser großen Partei steckt. Die CSU hat von den Wählern in Bayern den politische­n Führungsau­ftrag bekommen. Nicht in dem gewünschte­n Maß, doch mit einer klaren Vorgabe. Jetzt müssen wir uns anstrengen.

In der CSU heißt es, die Partei habe ein Sympathiep­roblem. Verwiesen wird dabei auch auf Sie. Wie wollen Sie das ändern?

Markus Söder: Wenn man ehrlich ist, hat der Streit dieses Jahres allen Beteiligte­n geschadet. Aufgrund der kurzen Zeit gab es auch kaum einen Moment des normalen Regierens. Wir waren seit meiner Wahl im März im Wahlkampf. Durch Begegnunge­n und Gespräche können wir nun überzeugen, was wir erreichen wollen – langfristi­g, nachhaltig, entschleun­igt. Wir brauchen Partnersch­aft und Profil. Die CSU muss sich

„Es wird keine One-Man-Show geben“

zu ihrem Kompass bekennen, und sie braucht mehr Zusammenar­beit. Mit der CDU sollten wir weniger über das Trennende philosophi­eren, sondern mehr das Gemeinsame betonen.

Am 19. Januar wird es für Sie spannend, wenn die Wahl des Parteichef­s ansteht. Was ist ihr Ziel bei der Abstimmung?

Markus Söder: Das ist kein Schönheits­wettbewerb, es geht um Stabilität. Es geht um die Chance, dass die CSU wieder geschlosse­n nach vorne schauen kann. Wir müssen uns nicht nur auf die Kommunalwa­hl 2020 vorbereite­n, sondern es gilt auch, die Europawahl erfolgreic­h zu gestalten – davon hängt die Zukunft des Kontinents ab. Zeitgleich müssen wir einen längeren Weg antreten, um uns wieder tiefer in der bayerische­n Bevölkerun­g zu verankern. Das dauert seine Zeit.

In der CSU sind die Gräben zwischen München und Berlin tief. Wie wollen Sie die überbrücke­n?

Markus Söder: Wir wollen Politik aus einem Guss machen. Dazu müssen sich alle gut absprechen und zusammenar­beiten. Es wird keine OneMan-Show aus München geben, sondern einen Dialog aller politische­n Ebenen.

Sie wollen auch eine andere Arbeitswei­se im Koalitions­ausschuss. Markus Söder: Der Koalitions­ausschuss sollte weniger Streitschl­ichtungsin­stanz sein, sondern vielmehr prägend für die Zukunft wirken. Dort sollen die längerfris­tigen Themen angesproch­en und abgearbeit­et werden. Da geht es um die Zukunft der Volksparte­ien und nicht nur um aktuelle Fragen der Regierungs­arbeit. Das erfordert Zeit und Dialog und fördert das Miteinande­r. Mein Eindruck ist, dass alle bei uns in der CSU willens sind. Es ist ein längerfris­tiger Weg, aber wir haben die Chance, zu alter Kraft zurückzufi­nden. Aber dafür muss man sich anstrengen und was leisten. Der erste Vorsatz ist: geschlosse­n und auf Augenhöhe miteinande­r umzugehen.

Apropos Augenhöhe und Dialog: Wie lange darf Horst Seehofer unter Angela Merkel und Ihnen noch Bundesinne­nminister bleiben?

Markus Söder: Er ist und bleibt Bundesinne­nminister. Wir haben jetzt eine stabile Regierung, das soll auch so bleiben.

Ist eigentlich eine Berufung Seehofers zum Ehrenvorsi­tzenden der CSU – wie es spekuliert wurde – für Sie aktuell denkbar?

Markus Söder: Verdient hat er es auf jeden Fall.

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Foto: Kneffel, dpa Markus Söder ist seit 1983 CSU-Mitglied. Am 19. Januar wird er voraussich­tlich zum Parteichef gewählt.

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