Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein fatales Video
Drei Gesichter Regisseur Jafar Panahi hat im Iran Berufsverbot. Trotzdem dreht er weiter
Vor acht Jahren hat das Regime in Teheran Jafar Panahi mit einem zwanzigjährigen Berufsverbot belegt. Seitdem hat der umtriebige Regisseur heimlich vier Filme gedreht, die im Ausland gezeigt und gefeiert wurden. Wie schon in seinem Berlinale-Sieger „Taxi Teheran“ist auch in seinem neuen Film „Drei Gesichter“das Auto ein zentraler Handlungsort und die Mobilität ein augenzwinkernder Protest gegen den verordneten Stillstand.
Am Anfang steht ein Smartphone-Video, das im senkrechten Selfie-Format über die Leinwand flimmert. Die junge Marziyeh, die hier ihr Bekenntnis ablegt, ist verzweifelt. Ihr sehnlichster Wunsch ist es, Schauspielerin zu werden. Aber die Eltern in der Provinz sind dagegen und haben sie in eine Heirat hineingezwungen. Das Video endet in einer Höhle, wo das Mädchen den Suizid ankündigt, sich eine Schlinge um den Hals legt und die Smartphonekamera mit einem Ruck zu Boden fällt. Die Botschaft ist an die bekannte Schauspielerin Behnaz Jafari gerichtet, die schockiert ihren Dreh abgebrochen hat und zusammen mit Jafar Panahi in die entlegene, türkischsprachige Bergregion aufbricht, um der Sache auf den Grund zu gehen. Es bestehen berechtigte Zweifel an der Authentizität des Videos, das auf ungeklärte Weise an Behnaz Jafari weitergeleitet wurde.
Gezielt spielt Panahi in „Drei Gesichter“mit Erwartungshaltungen und Erzählkonventionen. Einen sorgfältig aufgebauten Spannungsbogen lässt er innerhalb weniger Filmsekunden in sich zusammensinken, um als mäandernder Gast durch die dörflichen Strukturen zu wandern. Halbmythische Szenen werden immer wieder mit einem humorvollen Blick in die Realität zurückgeholt, genauso wie in das Bild der vermeintlich zurückgebliebenen Bergbevölkerung stets Risse hineingetrieben werden.
» Drei Gesichter
Drama, Iran 2018
Wertung ★★★★✩ (1 Std. 40 Min.),