Augsburger Allgemeine (Land West)
Viele Plätzchen und viermal Skispringen
Zwischen den Jahren gibt es zwei Konstanten: Plätzchen und die Vierschanzentournee. Was könnte auch entspannter sein, als diese beiden Dinge miteinander zu kombinieren. Plätzchen rein, Springer springt. Nächstes Plätzchen rein, nächster Springer springt. Diese perfekte Symmetrie nachweihnachtlicher Faulheit, wunderbar. Sie wird ARD, ZDF und selbst Eurosport auch in diesem Jahr traumhafte Einschaltquoten bescheren.
Käme dazu nun auch noch ein deutscher Springer, der bis zum vierten Wettbewerb Siegchancen hat, würde das die Fernsehmacher zu sehr glücklichen Menschen machen. Diesbezüglich allerdings eine Prognose zu wagen wäre extrem mutig. Denn im Skispringen gibt es vieles, nur keine Verlässlichkeit. Diese Unberechenbarkeit ist einer der wichtigsten Gründe für die Beliebtheit der schlanken Flieger.
Nahezu jeden Winter ploppt ein anderer aus dem Nichts hervor und wird zum Favoriten hochgefeiert. In diesem Jahr ist es der Japaner Ryoyu Kobayashi. Bis zum Saisonauftakt in Wisla kannten den nur einige Experten. Jetzt, unfassbare vier Siege aus sieben Springen später, ist er der Mann, den es zu schlagen gilt.
Momentan hat der 22-Jährige das beste Paket beisammen. Vor allem am Absprung ist er der explosivste. Ob das aber auch dafür reicht, die Tournee zu gewinnen, ist offen. Schon viele sind in Oberstdorf als Favoriten gestartet und weit abgeschlagen in Bischofshofen wieder gelandet. Vier Wettbewerbe in kürzester Zeit, all der Rummel, all die Medientermine dazwischen – die Ansprüche an Geist und Körper sind enorm. Die Tournee verzeiht keine Fehler. Ein schwacher Sprung kann alles zerstören. Konstanz ist das Zauberwort. Der Beleg dafür: Schon achtmal gab es Gesamtsieger, die auf keiner der vier Schanzen Tagessieger wurden.
Umgekehrt gab es erst zwei, die alle vier Springen gewannen. Sven Hannawald war 2001/2002 der erste. Dieses Alleinstellungsmerkmal verlor er im vergangenen Winter, als Kamil Stoch ebenfalls viermal triumphierte. In diesem Winter ist der Pole noch nicht besonders aufgefallen, dennoch weiß er wohl am besten, wie man die Anforderungen der Tournee meistert. Mit ihm ist immer zu rechnen:
Und die Deutschen? Karl Geiger hat mit seinem Sieg in Engelberg die Hoffnungen geweckt. Aber erstens kommt es anders und zweiten als man denkt – nirgends passt dieser Spruch besser als für die Vierschanzentournee.