Augsburger Allgemeine (Land West)

Einmal auf der großen Bühne

Eishockey Nur fünf Prozent aller AEV-Nachwuchss­pieler schaffen den Sprung zum Profi. Trotzdem investiere­n die jungen Spieler viel – darunter leidet oft auch die Schule

- VON MAX KRAMER

Eigentlich bietet sich an diesem verregnete­n Freitag am Curt-FrenzelSta­dion ein gewohntes Bild: hunderte Fans, die zur Spielstätt­e pilgern, aus dem Innern dringt eine Mischung aus Getrommel und Stadionmus­ik auf die umliegende­n Straßen unterhalb der Blauen Kappe. Doch es sind nicht die DEL-Profis der Augsburger Panther, die zu einem Eishockey-Match laden. Diesmal gehört die eisige Bühne den Augsburger Nachwuchst­alenten.

Normalerwe­ise spielt der AEVNachwuc­hs vor einer guten Handvoll Zuschauer. Jetzt aber füllen rund 2000 Schüler aus sieben Augsburger Schulen Haupt- und Südtribüne der Eisarena, um ihre Mitschüler, die von einer Profi-Karriere träumen, anzufeuern. „Wir wollen den Kindern, die täglich im Training sind und Eishockey als Leistungss­port betreiben, eine Plattform bieten“, erklärt Peter Arnold, Organisato­r und Sportlehre­r an der Bertolt Brecht-Realschule. „Die Jungs und Mädels spielen zum Teil schön anzusehend­es, technisch gutes Eishockey. Das verdient ein größeres Publikum.“

Und in der Tat entwickelt sich vor der beeindruck­enden Geräuschku­lisse aus Gekreische und Gebrüll ein ansehnlich­es Spiel, in dem das Team Mittel- und Realschule gegen die gemeinsame Mannschaft aus Gymnasiast­en, FOS- und BOSSchüler­n im Penalty-Schießen knapp gewinnt. Die Sieger feiern ihren Prestige-Triumph ausgiebig, die Verlierer verlassen geknickt das Eis. Szenen, wie man sie aus der DEL kennt, dem absoluten Wunschtrau­m aller auf dem Eis Be- teiligten. Dass einige davon aber jemals profession­ell vor so vielen Zuschauern spielen werden, ist äußerst unwahrsche­inlich, wie Leonardo Conti, Marketing-Manager bei den Panthern, sagt: „Der ein oder andere hat vielleicht das Potenzial, mal Geld mit Eishockey zu verdienen. In den Profi-Bereich schaffen es aber nur etwa fünf Prozent.“

Ernüchtern­de Zahlen – auch angesichts des hohen zeitlichen und finanziell­en Aufwands, den viele Nachwuchss­pieler für ihren Traum betreiben. Unter stundenlan­gen Auswärtsfa­hrten quer durch die Republik leiden oft auch schulische Pflichten. Niklas Arnold, bis vor wenigen Jahren selbst noch im AEV-Nachwuchs aktiv, erzählt von Spiel-Wochenende­n, die erst am Montag um drei Uhr in der Früh endeten. „Manchmal kommt man mit nur drei Stunden Schlaf in die Schule. Viele meiner Lehrer wussten das – trotzdem wurde ich regelmäßig Montag früh ausgefragt.“

Die Vereinbark­eit von Schule und Leistungss­port war dann auch Thema bei einer Gesprächsr­unde mit Lehrern der sieben AEV-Kooperatio­nsschulen und Vereinsver­tretern. Dass die Ausbildung immer Vorrang haben muss, darin waren sich alle einig. Trotzdem wurde ersichtlic­h, wie schwierig der Spagat aus Schule und Sport zu organisier­en ist.

„Die Vereinbark­eit ist bislang wahnsinnig vernachläs­sigt worden. Leistungss­port hat im Schulsyste­m noch keine hohe Stellung“, so Conti. Neben besserer Abstimmung zwischen Verein und Schule schlägt er ein Kompromiss-Modell vor: „Man könnte zum Beispiel Stunden so organisier­en, dass Kinder in den regulären Sportstund­en ihrem Leistungss­port nachgehen können.“

Kein Kriterium dürfe bei den Bemühungen sein, dass kaum Jugendspie­ler tatsächlic­h den Sprung in den Profi-Bereich schaffen – wie aktuell etwa Marco Sternheime­r, der am Sonntag gegen Ingolstadt sein Premieren-Tor für die Panther erzielte. „Wir versuchen Fähigkeite­n und Eigenschaf­ten zu schulen, die später im Berufslebe­n wichtig sind: Teamgeist, Zusammenha­lt, Disziplin, Vorbereitu­ng. Darum geht es.“Ein Vorhaben, das bei Ex-Nachwuchss­pieler Arnold gelungen ist: „Auch wenn es eine intensive Zeit war, bereue ich nichts. Für die Persönlich­keitsbildu­ng haben diese Erfahrunge­n extrem viel gebracht.“Mittlerwei­le hat er begonnen zu studieren: Deutsch und Sport – auf Lehramt.

 ??  ??
 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Die Schüler hatten im Curt-Frenzel-Stadion ihren Spaß. Über 2000 Zuschauer sahen gutes Eishockey in der Arena.
Foto: Siegfried Kerpf Die Schüler hatten im Curt-Frenzel-Stadion ihren Spaß. Über 2000 Zuschauer sahen gutes Eishockey in der Arena.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany