Augsburger Allgemeine (Land West)
Was die Fassaden uns verraten
Beim Schlendern durch die Altstadt fällt manches auf. Eine Stoffhülle etwa, ein Hotelschild oder Seeigel-Lampen
mit der Taverne im Erdgeschoss bekommt also ein neues Dach, erfahre ich. „Der Dachstuhl ist auf 1450 datiert“, berichtet der Hauseigentümer. Dass dann mal was gemacht werden muss, sehe ich ein. Manche Menschen lassen sich mit ihrer eigenen Fassade nicht so lange Zeit, überlege ich. Aber nein, anderes Thema. Schluss damit.
Auch das Gignoux-Haus ein paar Gassen weiter hat seit einiger Zeit eine neue Hülle. Wenn auch nur aus Stoff.
Die Abbildung auf ihm zeigt, wie das Baudenkmal eines Tages aussehen soll, wenn alle Sanierungsarbeiten abgeschlossen sind. Man sieht, einige Elemente an der Fassade werden rosa. Oft beobachte ich Passanten, die stehen bleiben und über die Farbkombination diskutieren. Dann höre ich zu – ungefragt. Die Urteile fallen unterschiedlich aus. Die Stoffhülle des Gebäudes sorgt für Gespräche. Das finde ich gut. Wenn ich auch neulich fast einen Schreikrampf bekommen hätte.
Es war an einem Abend, an dem drei Scheinwerfer plötzlich die Stofffassade in grelles Licht tauchten. Ich dachte bislang immer, so ein Flutlicht gibt es nur im Fußballstadion. Dort ist es ja in Ordnung. In der beschaulichen Altstadt halte ich die penetranten Strahler allerdings für eine Lichtverschmutzung. Zum Glück sind sie seit dem einen Abend aus – warum auch immer. Dezenter ist oft einfach besser, finde ich. Das geht mir im Übrigen auch bei menschlichen Fassaden so. Aber egal. Neugierig wurde ich neulich nur ein paar Häuser weiter.