Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Tanz durch die Geschichte der Schäffler
Serie Faschingszeit ist in Dinkelscherben bald wieder Schäfflerzeit. Die Marktgemeinde ist bekannt für diese außergewöhnliche Tradition. Ein Überblick über die Entwicklung seit der Uraufführung 1893
Dinkelscherben Im Fasching werden in Dinkelscherben zum 16. Mal die Schäffler durch die Straßen ziehen. In diesem Teil unserer Serie befassen wir uns mit den bisherigen Jahren in der Schäfflertanzgeschichte des Marktes.
Im Jahre 1893 traten zum ersten Mal die Dinkelscherber Schäfflertänzer auf. Der damalige Bürgermeister Ludwig Altstetter hatte die Aufführungsrechte, nach dem Münchner Vorbild, gemeinsam mit seinen Freunden Friedrich Viehhauser und Josef Lutz erworben. Leider gibt es vom ersten Tanzjahr keine Aufzeichnungen. Lediglich ein Foto ist aus dieser Zeit noch erhalten. Was sich jedoch in großem Maße erhalten hat, ist die traditionelle Bekleidung der Schäffler. Wie auch die Münchner tragen die Dinkelscherber eine Schlegel-Kappe mit Feder, ein weißes Hemd mit weinroter Jacke und eine schwarze Kniebundhose. Neben der ständigen Bewegung schützen weiße Strümpfe und schwarze Schnallenschuhe vor der winterlichen Kälte. Die Fassschläger haben zusätzlich einen Lederschurz umgebunden. Eine kleidertechnische Extrarolle haben die Clowns mit ihrem typischen Narrenkostüm.
Die Tradition des Schäfflertanzes fasste schnell Fuß in Dinkelscherben. Im Jahre 1900, dem zweiten Tanzjahr, beteiligten sich bereits alle Haushalte daran. Wie auch heute wurde – je nach finanziellen Möglichkeiten – für einen Tanz eine bestimmte Summe in die Schäfflerkasse gespendet. Für einen Tanz kamen damals zwischen drei und acht Mark zusammen. Das gesammelte Geld wurde hauptsächlich in die Kleidung und Ausstattung der Schäffler investiert. Verbleibende Spenden wurden – und auch dort besteht eine Konstante zu heutigen Tagen – in Bier investiert.
In den folgenden Tanzjahren wurde das Spektakel „Schäfflertanz“immer größer. Die Anzahl der Faschingstage, an denen getanzt wurde, stieg mit den bestellten Tänzen. Waren es um die Jahrhundertwende noch rund 50 Tänze an lediglich drei Tagen, so wurde 1970 bereits die Hundertermarke geknackt. Das letzte Mal, im Jahre 2012, wurde ganze 151 Mal getanzt. Seit 1991 geht es an allen verfügbaren Feiertagen und Wochenenden zwischen Neujahr und dem Faschingsdienstag auf die Straßen.
Es melden sich immer mehr junge Burschen zum Schäfflertanz an. Während dem zweiten Tanzjahr, 1900, nur 28 Schäffler angehörten, waren es 1984 bereits 43 Tänzer, Clowns und Co. 2012 war auch hier ein Rekordjahr und es nahmen ganze 62 junge Dinkelscherber teil, weshalb auch erstmalig zwei Tanzgruppen vom Komitee gebildet wurden. „Das war ein sehr geburtenstarker Jahrgang, zeigt aber auch von der Begeisterung der jungen Leute für die Tradition“, so KarlHeinz Lutz, Präsident der Schäffler. 2019 wird es wieder eine Tanzgruppe geben.
Die ersten Unterbrechungen des siebenjährigen Rhythmus des Schäfflertanzes kamen nach 1914. Nach dem Ersten Weltkrieg fielen zwei Tanzjahre aus, da das Geld fehlte. Erst im Jahre 1935, während der Zeit des Nationalsozialismus, wurde der Brauch wieder aufgenommen. Wie dieser Tanz von der Bevölkerung jedoch aufgenommen wurde, darüber existieren leider keine Unterlagen mehr. Natürlich brachte dann auch der Zweite Weltkrieg eine Unterbrechung des Tanzturnus. Doch 1949 wurde bereits wieder durch die Straßen gezogen, auch wenn der kalte Winter den Tänzern schwer zu schaffen machte. Die Schäffler waren angesichts hoher Schneeverwehungen mit Pferdeschlitten unterwegs und mussten einen Tanz wegen eines heftigen Schneesturms sogar absagen. Gelegentlich kam es auch zu Verzögerungen, weil einigen Musikern die Blasinstrumente eingefroren waren.
Im Jahre 1956 hatten die Dinkelscherber Schäffler, auf Einladung der Faschingsgesellschaft in Haunstetten, erstmals einen Gastauftritt außerhalb der Ortsgrenzen. Sieben Jahre später luden bereits einige Augsburger zum Tanzen ein. Der Schwäbische Landbote schrieb dazu am 26. Februar 1963: „Das wenn die noch unversorgten Augsburger Damenwelt früher gewusst hätte: Die schmucken jungen Männer aus Dinkelscherben, die auf dem EliasHoll-Platz den Schäfflertanz vorführten, waren lauter Junggesellen“.
Ein Höhepunkt außerhalb der Orts- und erstmals sogar Landesgrenzen, war das Tanzjahr 1984. Diese Schäfflergeneration trug ihren Tanz in der Dinkelscherber Partnergemeinde Brunstatt vor. Der Schäfflertanz als Exportartikel, zum ersten Mal in Frankreich. Und dass die Schäffler nach der offiziellen Tanzsaison nochmals ihre Kleidung überstreifen dürfen, ist eine ganz besondere Ausnahme. 2014 passierte dies erneut, beim Festumzug zum 500-jährigen Jubiläum zur Dinkelscherber Markterhebung.