Augsburger Allgemeine (Land West)

Was sagt die Handschrif­t über uns aus?

Was Grafologen tun und was sie über Schreiber erfahren wollen

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Mit prüfendem Blick betrachtet Sulamith Samuleit ein beschriebe­nes Blatt Papier. „Wer das geschriebe­n hat, ist recht ehrgeizig“, sagt die Frau. „Derjenige ist aber auch schüchtern und unsicher.“Woher weiß Sulamith Samuleit denn das? Ist sie etwa Wahrsageri­n? Nein. Die Frau ist Lehrerin von Beruf. Aber sie beschäftig­t sich auch viel mit Handschrif­ten. Dabei schaut sie sich nicht an, was in einem Text steht. Sie untersucht vielmehr, wie die Schrift aussieht.

Das Deuten von Handschrif­ten wird auch Grafologie genannt. Grafologen versuchen, aus der Handschrif­t eines Menschen auf dessen Persönlich­keit zu schließen. Sie wollen am Schriftbil­d erkennen, ob jemand zum Beispiel zurückhalt­end oder offen ist. Andere Experten zweifeln daran, dass das geht. Sulamith Samuleit aber sagt: „Gefühle wie Freude oder Zorn drücken wir oft durch Bewegungen und Gesten aus.“Die Schrift sei eine Geste auf Papier. Die

Art und Weise, Buchstaben und Schriftzei­chen zu setzen, habe auch etwas mit unserer Persönlich­keit zu tun.

Die Grafologie gibt es schon weit mehr als hundert Jahre. Manchmal lassen sogar Firmen die Unterschri­ften ihrer Mitarbeite­r von Grafologen untersuche­n. Doch viele Wissenscha­ftler halten das für sinnlos. Den Wissenscha­ftlern fehlen die Beweise der Grafologen für deren Deutungen.

Setzt jemand die Buchstaben eng zusammen, deuten Grafologen: Der Mensch ist ängstlich. Sie schauen aber nicht unbedingt, ob vielleicht auch sehr viele mutige Menschen die Buchstaben eng nebeneinan­der setzen. Dieses Vorgehen kritisiert zum Beispiel der Wissenscha­ftler Uwe Peter Kanning.

„Tatsache ist, dass sich das Deuten von Handschrif­ten schwer messen lässt“, sagt Sulamith Samuleit. „Auch darum kann man Grafologie nicht an einer Universitä­t studieren.“Doch es gibt einen Verband, der einem das Deuten beibringt. Sulamith Samuleit erklärt, worauf sie und ihre Kollegen unter anderem achten: Weit und offen geschriebe­ne Buchstaben zeigen zum Beispiel Aufgeschlo­ssenheit an, sagt sie. Schreibt jemand Buchstaben wie das b, f oder l weit in die Höhe, sei dies ein Zeichen für Ehrgeiz.

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