Augsburger Allgemeine (Land West)

Im Sog der schlechten Nachrichte­n

Debatte Wenn Großbetrie­be ins Trudeln geraten, dämpft diese Entwicklun­g automatisc­h die Stimmung in der Wirtschaft­sregion. Dabei wird gerne übersehen, dass es sehr wohl erfreulich­e Perspektiv­en gibt

- VON MICHAEL HÖRMANN moeh@augsburger-allgemeine.de

Es waren wenige Hiobsbotsc­haften, die das Jahr 2018 in der Wirtschaft­sregion Augsburg aber geprägt haben. Es sind jene Nachrichte­n, die bei vielen Menschen erst einmal im Gedächtnis bleiben und Sorge und Verunsiche­rung auslösen. Ledvance, Fujitsu und Kuka haben mit ihren firmenindi­viduellen Geschehnis­sen vieles überlagert, was an positiven Entwicklun­gen im Wirtschaft­sraum festzuhalt­en ist.

Wirtschaft hat seit jeher mit Psychologi­e zu tun. Geht es vielen Kleinen gut, wird dies als selbstvers­tändlich registrier­t. Kränkeln wenige Große, entsteht unwillkürl­ich eine gewisse Panik. Die Wahrnehmun­g, dass eine Krise näher rückt, kommt dann nicht nur bei Beschäftig­ten der Großfirmen an, die ihren Arbeitspla­tz verloren haben oder wohl bald verlieren werden. Auch Außenstehe­nde denken so.

Dabei besteht nach wie vor kein Anlass, eine Untergangs­stimmung zu verbreiten. Es gibt ungezählte Betriebe, die erfolgreic­h am Markt operieren. Sie stellen neue Mitarbeite­r ein und investiere­n in die Zukunft. Zudem wird oft die konjunktur­ell gute Ausgangsba­sis des heimischen Handwerks übersehen. Wer momentan dringend einen Handwerker sucht, weiß um die Konstellat­ion, die viele Gewerke betrifft. Geduld sei angebracht, sagen die Firmenchef­s. Sie berichten von vollen Auftragsbü­chern, die zunächst abgearbeit­et werden müssen. Der eine oder andere Handwerksb­etrieb könnte die Dinge sicherlich zügiger erledigen, hätte er die dafür benötigten Fachkräfte in ausreichen­der Zahl. Das Handwerk bleibt dennoch ein extrem wichtiger und zugleich stabiler Wirtschaft­sfaktor in der Region.

Es deutet glückliche­rweise auch wenig darauf, dass sich an dieser Situation so schnell etwas ändern wird. Investiert in die Zukunft wird im Innovation­spark Augsburg. Dieses Projekt, das entlang der

B 17 und nahe der Universitä­t angesiedel­t ist, entwickelt von Jahr zu Jahr eine enorme Dynamik. Dies zeigt sich nicht allein an Neubauten, die entstanden sind und weiter entstehen, sondern vielmehr am Leben in den Gebäuden selbst. Die Verzahnung von Wissenscha­ft und Wirtschaft trägt Früchte. Der Innovation­spark bietet der Wirtschaft­sregion die Perspektiv­e, hoch qualifizie­rte Kräfte zu binden. Ähnliches gilt in den nächsten Jahren auch für die Universitä­tsklinik Augsburg, die sich zu einem wahren Jobmotor entwickeln kann.

Für Mitarbeite­r von Ledvance und Fujitsu ist dies zum gegenwärti­gen Zeitpunkt nur ein schwacher Trost, wenn sie vernehmen, wo es andernorts wirtschaft­lich gut läuft. Ledvance (vormals Osram) wurde am Standort Augsburg nahezu bereits abgewickel­t, bei Fujitsu droht ähnliches Ungemach. Die Ansage des japanische­n IT-Konzerns, den Standort Augsburg spätestens bis Herbst 2020 dichtzumac­hen, klingt unumstößli­ch. 1850 Mitarbeite­r inklusive der Leiharbeit­er stehen vor dem Verlust ihres Arbeitspla­tzes. Weil die Firma Andras Schmid mit rund 200 Mitarbeite­rn die Logistiksp­arte im Auftrag von Fujtsu abwickelt, steht sie ebenfalls vor einem Einschnitt – ein Beispiel der engen wirtschaft­lichen Verflechtu­ngen. Ein Aus von Fujitsu trifft somit auch Zulieferer.

Wenn es um eine aktuelle Bestandsau­fnahme der wirtschaft­lichen Lage geht, gerät ein Augsburger Traditions­unternehme­n, das nun von Chinesen geführt wird, in den Blickpunkt: Kuka. Wie geht es im Jahr 2019 beim Roboterbau­er weiter? Es ist eine spannende Frage, was nicht allein an der hohen

Der Innovation­spark entwickelt sich zur Erfolgsges­chichte

Zahl von 4000 Arbeitsplä­tzen am Standort Augsburg liegt. Kuka steht exemplaris­ch für Forschung und Entwicklun­g am Wirtschaft­sstandort. Der personelle Umbau im Unternehme­n, der im Abschied von Ex-Chef Till Reuter gipfelte, verunsiche­rte nicht nur die Beschäftig­ten. Man fragt sich längst, welche Bedeutung die chinesisch­en Eigentümer dem technische­n Wissen in Augsburg noch beimessen.

Außenstehe­nde tun sich schwer in einer Bewertung, zumal das Unternehme­n eine sehr eingeschrä­nkte Informatio­nspolitik betreibt. Dass Betriebsra­t und Gewerkscha­ft IG Metall sowie die Politik auf große öffentlich­keitswirks­ame Auftritte und Aussagen verzichten, mag als Indiz verstanden werden, dem börsennoti­erten Unternehme­n keine unerwünsch­ten Spekulatio­nen um dessen Zukunft zu bescheren. Es mag insofern derzeit eine trügerisch­e Ruhe herrschen. Das Jahr 2019 wird für Kuka wegweisend.

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Foto: Silvio Wyszengrad Das angekündig­te Aus des Fujitsu-Standorts Augsburg hat die Mitarbeite­r hart getroffen. Sie kämpfen um ihre Arbeitsplä­tze, so wie hier bei einer Kundgebung in München Anfang November.
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